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Baustopp auf italienischer Bahn-Baustelle beunruhigt das Tessin

(Keystone-SDA) Verzögerungen auf der italienischen Baustelle der zukünftigen Bahnverbindung Mendrisio – Varese beunruhigen das Tessin. Es wird befürchtet, dass die geplante Eröffnung der 17 Kilometer langen, internationalen Linie im Herbst 2014 platzen könnte. Nun soll der Bundesrat intervenieren.

Der Kanton hat am Mittwoch Druck auf die Region Lombardei gemacht, dass diese die Probleme auf der Baustelle so schnell wie möglich löst. Dies geht aus einer gemeinsamen Stellungnahme des Tessiner Baudepartements, der SBB und des Bundesamts für Verkehr hervor.

Demnach versprach der zuständige italienische Minister, alles zu tun, um einen langfristigen Stillstand auf der Baustelle zu verhindern. Die Gemeinde Mendrisio – ebenso wie die regionale Transportkommission mehrerer Südtessiner Gemeinden – verfasste zudem am Mittwoch einen Brief an den Bundesrat.

Sie verlangen, dass die Schweizer Regierung in Italien interveniere, wie der Gemeindepräsident von Mendrisio, Carlo Croci, auf Anfrage sagte. Über eine ähnlich Botschaft an den Bund will auch der Tessiner Grosse Rat nächste Woche abstimmen.

Fehlende Kiesgrube

Auf der italienischen Baustelle zwischen Stabio TI und Arcisate (I) kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Problemen. Rund acht Monate seien die Bauarbeiten bereits im Verzug, sagte Renzo Andreotti vom italienischen Gewerkschaftsbund CGTL/CISL/UIL auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Die aktuelle Situation sei besonders gravierend.

Laut Andreotti fehlt eine Kiesgrube, um das mit natürlichem Arsen verseuchte Aushubmaterial zu entsorgen. Die Stätten zur Zwischenlagerung seien inzwischen voll. Die ausführende Baufirma, die ICS Grandi Lavori, sehe sich mit unüberwindbaren bürokratischen Hürden konfrontiert.

Vertrag aufgelöst

Aus diesem Grund habe die Firma in den vergangenen Wochen beantragt, ihren Vertrag mit dem Bauherrn, der italienischen Eisenbahngesellschaft IRF, aufzulösen. Gemäss Andreotti sind rund 250 Arbeitsplätze gefährdet. Schon jetzt stünden die Arbeiten auf der Baustelle still. Bereits seit Wochen gelte Kurzarbeit.

Nach Angaben von Andreotti hängt die Zukunft der Baustelle nun von Verhandlungen mit den beteiligten Unternehmen sowie Vertretern der Lombardei, der Provinz Varese und den Gemeinden ab.

Der Gewerkschaftler hat noch Hoffnung, dass es zu einer schnellen Einigung kommt. “Andernfalls könnten Monate bis Jahre vergehen, bis die Arbeiten fortgesetzt werden”, sagte er. Der Auftrag müsste neu vergeben werden. Dies würde auch Chaos in den anliegenden Gemeinden kreieren, die durch die Baustelle zweigeteilt seien.

Strategisch wichtig

Auch im Tessin ist man noch zuversichtlich. “Wir gehen davon aus, dass sich die Probleme rechtzeitig überwinden lassen und die internationalen Vereinbarungen eingehalten werden können”, sagte Riccardo De Gottardi, Direktor des Tessiner Amts für Verkehr. Er erinnerte gegenüber der sda an die strategische Bedeutung der geplanten Bahnlinie.

Zum einen gehe es um eine regionale Verbindung mit Varese (I) für Wirtschaft, Grenzgänger und Tourismus. Zusätzlich erhalte die Südschweiz einen direkten Anschluss an den Mailänder Flughafen Malpensa.

Über den Verkehrsknotenpunkt Gallarate (I) werde das Tessin ausserdem mit dem Wallis und der Westschweiz verbunden. Ob im Notfall die Teilstrecke im Tessin eröffnet wird, auch ohne die Fortsetzung in Italien, sei noch offen. “Solche Szenarien müssen wir jetzt erst einmal vertiefen”, sagte De Gottardi.

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