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Bundesgericht für Taggeldkürzung wegen rassistischer Beschimpfung

(Keystone-SDA) Luzern – Ein Berner muss sich die Kürzung seiner SUVA-Taggelder gefallen lassen. Er war von einem dunkelhäutigen Mann niedergeschlagen worden, den er zuvor als “Neger” oder “Nigger” beschimpft hatte. Das Bundesgericht hat einen Entscheid der Berner Justiz aufgehoben.
Der heute 28-jährige war an einem Juliabend 2004 beim Bahnhof Bern sichtlich angetrunken in ein Tram gestiegen, wobei er gestikulierte und lautstark telefonierte. Kurz vor der Endstation begab er sich in den hinteren Teil des Trams, wo ein dunkelhäutiger Mann sass. Was weiter geschah, scheint nicht restlos geklärt.
Kopfstoss nach ProvokationFest steht, dass der Dunkelhäutige den 28-Jährigen im Tram mit einem Kopfstoss niederschlug und schwer verletzte. Die SUVA kürzte ihre Taggeldleistungen für den Mann um 20 Prozent, weil er seinen Angreifer zuvor “Neger” oder “Nigger” genannt und dessen Attacke damit grobfahrlässig provoziert habe.
Das Berner Verwaltungsgericht hob die Kürzung 2009 wieder auf. Es vertrat die Ansicht, dass eine rassistische Beschimpfung nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erwiesen sei. Und selbst wenn sie so geäussert worden wäre, könne dem Urheber nicht vorgeworfen werden, seine eigene Verletzung grobfahrlässig verursacht zu haben.
Reaktion zu erwartenDas Bundesgericht hat nun die Beschwerde der SUVA gutgeheissen und den Entscheid des Verwaltungsgerichts aufgehoben. Gemäss dem Urteil kann als erstellt gelten, dass der Verletzte den später bei einem Autounfall verstorbenen Mann tatsächlich als “Neger” beschimpft hat. Gehört habe dies zwar niemand direkt.
Zwei Auskunftspersonen hätten indessen bestätigen können, dass der Angesprochene hörbar erwidert habe: “Was, Neger, ich heisse nicht Neger”. Diese Antwort mache nur Sinn, wenn der Betroffene vorher auch als “Neger” bezeichnet worden sei.
Fest stehe weiter, dass der Ausdruck “Neger” als rassistisch empfunden werde und eine grobe Provokation darstelle. Der Verletzte habe deshalb mit einer gewalttätigen Reaktion rechnen müssen, zumal es sich um einen Streit unter jungen Erwachsenen gehandelt habe.

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