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Cornelius Gurlitt hat noch ein zweites Testament hinterlassen

(Keystone-SDA) Mit dem letzten Willen des deutschen Kunstsammlers Cornelius Gurlitt beschäftigt sich nun die Münchner Justiz. Zwei sich ergänzende Testamente des Verstorbenen gingen am Dienstag beim zuständigen Nachlassgericht ein.

Ein Notar aus Baden-Württemberg übersandte die Dokumente, die vom 9. Januar und 21. Februar 2014 stammen. “Die Testamente ergänzen sich”, sagte Gerichtspräsident Gerhard Zierl vor Medienschaffenden. Im zweiten würden einige Konkretisierungen vorgenommen. Zierl sprach von einem “Universalerben”, ohne einen Namen zu nennen.

Das Kunstmuseum Bern hatte letzte Woche mitgeteilt, Gurlitt habe dem Haus sein komplettes Vermögen inklusive der umstrittenen, millionenschweren Kunstsammlung vermacht. Innert sechs Monaten muss das Museum entscheiden, ob es das Erbe antreten will. Ein Teil der Sammlung steht unter Nazi-Raubkunstverdacht.

Bislang keine Ansprüche möglicher Erben

“Wird das Erbe ausgeschlagen, kommen gesetzliche Erben in Betracht”, sagte Gerichtspräsident Zierl. In Gurlitts Fall wären das unter Umständen auch entfernte Verwandte – denn der Verstorbene hatte keine Kinder und war nicht verheiratet.

Als nächste Verwandte gelten gemäss Medienberichten der 93-jährige Cousin Dietrich Gurlitt und dessen 65-jähriger Sohn Ekkeheart. Letzterer hatte am Wochenende angekündigt, er erwäge eine Klage gegen das Vermächtnis Gurlitts. Es gebe Zweifel, ob der Verstorbene im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte gewesen sei, als er sein Erbe regelte.

Bei Gericht sei bislang nichts eingegangen, sagte Zierl am Dienstag. Sollten Zweifel an der Testierfähigkeit Gurlitts bestehen, sei es Aufgabe des Gerichts, dies zu prüfen.

“Keine Steuermillionen für Gurlitt-Sammlung”

Das Kunstmuseum Bern gab am Dienstag keine neue Stellungnahme ab. Der Stiftungsrat des Hauses muss dereinst entscheiden, ob das Erbe angenommen werden soll.

Der BDP-Kantonsparlamentarier Samuel Leuenberger will verhindern, dass am Schluss Kosten für die Allgemeinheit entstehen. In einer am Dienstag eingereichten dringlichen Motion fordert Leuenberger, dass “keine Steuermillionen” für die Übernahme und Aufarbeitung der Sammlung verwendet würden. Der Grosse Rat müsse ein Zeichen setzen.

Der zuständige Regierungsrat Bernhard Pulver (Grüne) liess sich nicht in die Karten blicken. Vieles bewege sich noch im Bereich des Spekulativen, sagte der bernische Kulturdirektor der “Berner Zeitung”.

“Wenn es sich wirklich um eine Jahrhundertsammlung handelt, die Bern nicht entgehen sollte, und das Erbe wirklich nicht ausreicht, müssten wir weiter schauen.” Die Finanzierung dürfe kein Dogma sein. Der Kanton ist seit diesem Jahr alleiniger Subventionsgeber des Kunstmuseums Bern.

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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