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Dem Druck standgehalten und abgeräumt

(Keystone-SDA) Die Alpin-Snowboarderin Daniela Sonderegger-Meuli krönt am 23. Februar 2006 unter ihrem ledigen Namen Meuli mit Olympia-Gold im Parallel-Riesenslalom von Bardonecchia eine bemerkenswerte Karriere.

Auch wenn die Medaille im Daheim in Davos sichtbar platziert ist, ist olympisches Edelmetall ziemlich weit weg. Die grossen Erfolge spielen nicht erst seit der Geburt ihres Sohnes im vergangenen Sommer eine untergeordnete Rolle im Leben von Sonderegger-Meuli.

Die Bündnerin ist im Alter von 25 Jahren im August 2006, nur 166 Tage nach dem Olympia-Triumph, ohne Brimborium zurückgetreten. “Ich hatte alle Ziele erreicht und mir alle Träume erfüllt”, sagt die Junioren- und Elite-Weltmeisterin in der Retrospektive. “Es war klar, dass ich nicht bis 40 weitermachen wollte. Ich wollte Zeit für Freunde, die Familie, die Ausbildung haben.”

2011 zog die 39-fache Top-3-Fahrerin im Weltcup (davon 22 Siege) wegen anhaltender Rückenprobleme auch einen Schlussstrich unter die Tätigkeit als Junioren- und B-Kader-Trainerin. Den Snowboard-Sport verfolgt sie noch immer. “Weil diverse Fahrerinnen und Fahrer aus der damaligen Zeit heute im Weltcup dabei sind.”

Die Aufmerksamkeit neben der Familie gehört der beruflichen Tätigkeit. Sonderegger-Meuli arbeitet im Spital Davos als Sporttherapeutin und Bewegungswissenschaftlerin. Unter anderem kümmert sie sich um Herzpatienten, aktiviert und motiviert sie ältere Menschen zur Bewegung. “Ich wechselte quasi von den Junioren zu den Senioren”, erzählt sie schmunzelnd.

Wenn Sonderegger-Meuli auf “einen der schönsten Tage meines Lebens” zurückblickt, assoziiert sie Olympia-Gold mit den Begriffen Freude und Erleichterung. “Ich war die grosse Favoritin, spürte ziemlich Druck, war nervöser als sonst. Der Stein, der mir vom Herzen fiel, war riesengross.”

Die Bedeutung der Olympia-Medaille in einer Saison, in der sie in allen elf Weltcup-Rennen auf dem Podest stand und zum dritten Mal in Folge die Alpin-Wertung gewann, realisierte sie erst zwei Wochen später, “beim Joggen in der russischen Pampa”. In Schukolowo hatte Sonderegger-Meuli erstmals Zeit zum Sinnieren. “Davor war so viel los. Ich hatte nie einen ruhigen Moment, um meine Gedanken zu sortieren.”

In Bardonecchia hatten die Alpinboarder eine Kulisse, die sie sich von den zumeist schwach besuchten Weltcup-Veranstaltungen nicht gewohnt waren. “Allein die Tribüne mit Tausenden von Zuschauern galt es zu verarbeiten. In Salt Lake City (20. Rang) war ich von diesen Eindrücken überwältigt. Ich war das Landei, das in die grosse Welt kam und abgelenkt war. Aber 2006 konnte ich damit umgehen”, so Sonderegger-Meuli.

Von der ungewohnt grossen Nervosität liess sich die Saison-Dominatorin nicht beirren, obwohl sie sich “nicht extrem souverän fühlte”. Sie schaltete unter anderem ihre grösste Widersacherin Julie Pomagalski aus, im Final gab sie der Deutschen Amelie Kober (“meine Geheimfavoritin”) das Nachsehen. “Ich fokussierte mich darauf, was ich am besten kann: aufs Snowboarden.”

Einen Schlüsselmoment während des Renntages hatte Sonderegger-Meuli nicht. Aber ihr blieb ein Erlebnis vom 21. Februar, dem Tag vor dem Männerrennen, haften. “Unser Trainer Christian Rufer schaffte es irgendwie, dass wir uns beim Eindunkeln auf der grossen Leinwand im Zielgelände ein Motivations-Video mit Szenen der Saison und aus dem Teamleben anschauen durften.” Ganz offensichtlich kam die Botschaft an. Denn neben Sonderegger-Meuli holte Philipp Schoch vor seinem Bruder Simon ebenfalls Gold.

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