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Ehemaliger tunesischer Präsident Ben Ali in Abwesenheit verurteilt

(Keystone-SDA) Fünf Monate nach der Flucht ins Exil ist der gestürzte tunesische Präsident Zine al-Abidine Ben Ali zu 35 Jahren Haft verurteilt worden. Ein tunesisches Strafgericht sprach ihn und seine Frau Leila in Abwesenheit der Veruntreuung von Staatsvermögen für schuldig.

Das Gericht verurteilte die beiden zudem zu millionenschweren Geldstrafen. Ben Ali muss 50 Millionen Dinar (rund 31 Millionen Franken) Busse bezahlen, seine Ehefrau 41 Millionen Dinar (gut 25 Millionen Franken).

Der Prozess am Montag war der erste gegen den gestürzten Präsidenten und seinen Clan. Weitere sollen folgen. Ben Ali war der erste Langzeitherrscher, der im Zuge des “arabischen Frühlings” gestürzt wurde.

Millionen angehäuft

In dem Verfahren vom Montag ging es zunächst vor allem um den Vorwurf, das Paar habe auf Kosten des Staates ein riesiges Vermögen angehäuft. Das Strafgericht befasste sich mit versteckten Vermögenswerten des ehemaligen Präsidenten, darunter Juwelen und Devisen in Höhe von umgerechnet rund 23 Millionen Franken. Diese waren in einem Palast in Karthago entdeckt worden.

Über weitere Anklagepunkte soll erst am 30. Juni entschieden werden, teilte das Gericht am Abend mit. Die Pflichtverteidiger hatten zuvor mehr Zeit gefordert, den Prozess vorzubereiten.

Anwalt: “Siegerjustiz”

Ben Ali liess das Verfahren am Montag über Anwälte als politischen Prozess abtun und die Vorwürfe als haltlos bezeichnen. Der Präsident habe nicht die Absicht, den Prozess ernst zu nehmen, sagte sein französischer Rechtsvertreter Jean-Yves Le Borgne dem Radiosender France Info. “Jeder sollte verstehen, dass dieser Strafprozess beschämende Siegerjustiz widerspiegelt”, hiess es zuvor von einer Kanzlei im Libanon.

Gegen Ben Ali und seine Gefolgsleute liegen mehr als 90 Anklagepunkte vor. Die schwerwiegenderen Vorwürfe wie Mord, Folter und Geldwäscherei sollen später vor einem Militärtribunal behandelt werden. Bei diesem Verfahren könnte der Ex-Präsident wegen Tötungsdelikten und Folterverbrechen sogar zum Tode verurteilt werden.

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