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Erdogan fordert “umfassende Veränderungen” in der AKP vor Wahlen

16 Jahre AKP - Grund für den türkische Präsidenten Erdogan (rechts) in Ankara zu feiern. Seine Parteimitgründer hat er unterdessen ins Abseits gestellt. KEYSTONE/AP Presidency Press Service/STF sda-ats

(Keystone-SDA) Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat seine Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) an deren 16. Geburtstag zu “umfassenden Veränderungen” aufgerufen, um die Wahl 2019 gewinnen zu können.

“Wandel liegt in der Natur der AKP, die gegründet wurde, um auf den Bedarf der Türkei nach Veränderung zu reagieren”, sagte Erdogan am Montagabend in Ankara an der Jubliläumsveranstaltung.

Nur “erfolgreiche” Parteifreunde würden ihre Posten behalten können, wer “Müdigkeit” verspüre müsse gehen, sagte Erdogan vor tausenden Anhängern. Er war im Mai an die Parteispitze zurückgekehrt, nachdem bei einem umstrittenen Referendum im April eine Verfassungsreform gebilligt worden war, die dem Präsidenten erlaubt, gleichzeitig Parteichef zu sein.

Erdogan hatte zuletzt seine Partei immer wieder gemahnt, dass der Kampf um eine absolute Mehrheit bei den im November 2019 anstehenden Parlaments- und Präsidentenwahlen hart sein werde. Wer sich dem nicht gewachsen fühle, solle die Partei verlassen, warnte Erdogan, der das Referendum im April nur knapp gewonnen hatte.

Zudem kündigte er an, in der Partei keine Nachsicht gegenüber Anhängern des islamischen Predigers Fethullah Gülen walten zu lassen, der für den gescheiterten Militärputsch vom Juli 2016 verantwortlich gemacht wird. Gülen war lange mit Erdogan verbündet, und viele AKP-Mitglieder bekannten sich früher offen zur seiner heute verbotenen Bewegung.

Demokratie, Kapitalismus, Säkularismus

Die AKP war im August 2001 von Erdogan und anderen früheren Mitgliedern der islamistischen Wohlfahrtspartei von Necmettin Erbakan gegründet worden. Erdogan wandte sich mit der neuen Partei bewusst von der islamistischen Politik seines Ziehvaters Erbakan ab und bekannte sich demonstrativ zu Demokratie, Kapitalismus und Säkularismus.

Zudem kündigte er an, den Beitritt der Türkei zur Europäischen Union anzustreben und brachte das Land nach dem Wahlsieg der AKP 2002 auf Reformkurs. Die AKP hat seit 2002 sämtliche Wahlen gewonnen und stellt seit 15 Jahren durchgehend die Regierung. In den vergangenen vier Jahren mehrten sich aber die Konflikte und Spannungen.

Gründerväter von Erdogan verdrängt

Der frühere Istanbuler Bürgermeister Erdogan war von Anbeginn die zentrale Figur der Partei, doch hatten zu Beginn noch andere Politiker wie Abdullah Gül, Ahmet Davutoglu und Bülent Arinc Einfluss in der AKP. Die meisten dieser Gründerväter sind inzwischen aber ins Abseits geraten, und die Partei steht heute vollends unter Erdogans Kontrolle.

Seit dem Putschversuch geht Erdogan mit aller Härte gegen seine Gegner vor und schränkt die Freiheiten immer stärker ein. Während dessen Anhänger Erdogan als den Mann verehren, der der Türkei Wohlstand und Entwicklung gebracht hat, werfen die Gegner ihm vor, die Gesellschaft zu polarisieren und das Land in eine Diktatur zu verwandeln.

Denn Erdogan geht rigide gegen mögliche Gülen-Anhänger vor. Mehr als 100’000 Menschen wurden aus dem Staatsdienst entlassen. Und mehr als 50’000 Menschen sitzen im Gefängnis, denen Verbindungen zur Bewegung um den Kleriker vorgeworfen werden. Unter ihnen sind zahlreiche kritische Journalisten, Forscher und prokurdische Oppositionspolitiker.

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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