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EU-Kommission will schärfere Sanktionen für Defizitsünder

(Keystone-SDA) Brüssel – Die EU-Kommission will Defizitsünder unter den EU-Staaten schärfer bestrafen. Ein entsprechendes Gesetzespaket mit sechs Vorschlägen stellten EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Wirtschaftskommissar Olli Rehn am Mittwoch in Brüssel vor.
Bei der geplanten Verschärfung des Stabilitäts- und Wachstumspakts zieht die Kommission, unterstützt von Deutschland, harte Saiten auf. Dagegen wehren sich verschuldete Länder wie Frankreich und Italien gegen schärfere Regeln und Sanktionen. Bisher mussten EU-Staaten kaum Geldstrafen fürchten.
Mit den neuen Vorschlägen will die EU-Kommission künftig Schuldenkrisen, wie jene von Griechenland von diesem Frühjahr, verhindern. “Wir ziehen die Handbremse, bevor das Auto den Hügel hinunter rollt”, sagte Barroso vor den Medien.
Der Kommissionspräsident sprach vom “grössten Schritt vorwärts, seit der Schaffung des Stabilitäts- und Wachstumspakts”. Rehn wies auf die “hilfreiche” Arbeit in der Task Force des ständigen EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy hin. Diese befasst sich ebenfalls mit Reformideen, welche die Staats- und Regierungschefs bei ihrem Oktober-Gipfel zur Kenntnis nehmen werden.
Spezialfall Euroländer
Bei den am Mittwoch vorgestellten Vorschlägen ist nun unter anderem vorgesehen, dass die EU-Kommission nicht nur dann aktiv wird, wenn ein Land die Defizitgrenze von drei Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) überschreitet. Sie soll neu auch einschreiten, wenn die gesamte Staatsverschuldung aus dem Ruder läuft, beziehungsweise über 60 Prozent liegt.
Ein Verfahren “wegen exzessiver makroökonomischer Ungleichgewichte” will die Kommission auch einleiten, wenn EU-Länder bei gewissen wichtigen Wirtschaftsangaben stark von anderen Mitgliedstaaten abweichen. Das kann unter anderem die Wettbewerbsfähigkeit oder die Lohnstückkosten betreffen.
Begrenzt auf die Euroländer schlägt die Kommission vor, von Defizitsündern eine nicht verzinste Einlage in der Höhe von 0,2 Prozent des BIP einzuziehen. Befolgt das vorgewarnte Land die Empfehlungen der Kommission zur Reduktion des Defizits nicht, wird der Betrag als Strafe behalten.

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