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Ferdy Kübler stirbt 97-jährig

(Keystone-SDA) Ferdy Kübler ist im Alter von 97 Jahren verstorben. Der Zürcher war in den Fünfzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts einer der erfolgreichsten Radprofis unseres Landes.

Am Donnerstag, 29. Dezember 2016, um 14 Uhr starb Kübler in Anwesenheit seiner Frau Christina in einem Zürcher Spital. “Er sagte mir noch: Christina, du bist die beste Frau der Welt”, sagt die Witwe am Freitag zur “Schweizer Illustrierten”. Weihnachten haben die beiden noch daheim verbracht, danach musste Kübler wegen einer schweren Erkältung ins Spital eingeliefert werden. “Ferdy ist friedlich eingeschlafen, mit einem Lächeln im Gesicht”, sagte Christina Kübler.

Kübler gewann 1950 als erster Schweizer die Tour de France. 1951 eroberte er in Varese den Strassen-WM-Titel. “Quäle deinen Körper, sonst quält er dich.” Diesen Satz sprach er nach seinen vielen legendären Rennen immer wieder in die Mikrofone.

In den letzten Jahren machten Kübler zusehends gesundheitliche Beschwerden zu schaffen, er konnte sein Bett kaum mehr verlassen. “Wir können nicht einmal mehr zusammen spazieren gehen, ihm fehlt die Kraft dazu”, sagte Christina Kübler vor zwei Monaten in einem Interview mit der “Schweiz am Sonntag”.

2008 war ausgekommen, dass sich Kübler wegen Hautkrebs 18 Mal im Zürcher Triemlispital hatte bestrahlen lassen müssen. “Am Anfang hatte man dies leider etwas unterschätzt und zu spät behandelt”, erklärte Christina Kübler. “Ferdy war in seinem Leben gerne und sehr viel an der prallen Sonne.”

Seinem Alters-Hobby, dem Golfen, frönte Kübler noch so lange, wie die Kraft reichte, um sich im Golfkart von Abschlag zu Abschlag fahren zu lassen. Zum Golfen war der Zürcher vor mehr als 25 Jahren gekommen, nachdem für ihn das Velofahren wegen der grossen Verkehrsdichte zu gefährlich geworden war und ihn der ehemalige Bob-Olympiasieger und Unternehmer Hausi Leutenegger mit Nachdruck für das neue Hobby zu begeistern verstanden hatte. Nicht zuletzt dank dem Golfspiel blieb Ferdy Kübler ein grosser Freundeskreis erhalten, der nun in grosser Trauer von ihm Abschied nimmt.

Auf Schweizer Verhältnisse übertragen, ist Ferdy Kübler die Karriere vom Tellerwäscher zum Millionär gelungen. Er wuchs in ärmlichsten Verhältnissen auf und hatte das grosse Ziel, dieser Armut zu entfliehen. “Vom lieben Gott hatte ich den Willen bekommen, etwas zu tun, in dem ich besser war als alle anderen. Der Tour-de-France-Sieg und der WM-Titel waren für mich wie eine Erlösung. Jetzt war ich aus dem Dreck heraus”, hielt Kübler in einem Interview zu seinem 90. Geburtstag fest.

Der Ausläufer einer Bäckerei und eines Uhrengeschäftes arbeitete sich kontinuierlich nach oben. Der Zweite Weltkrieg verhinderte, dass Küblers Karriere schon zu Beginn seines Profidebüts 1940 steil anstieg. Die Rivalität mit Hugo Koblet führte zu den grössten Erfolgen und einer riesigen Radsport-Euphorie in der Schweiz. Jeder wollte den anderen übertrumpfen. Die Leistungen von Kübler und Koblet in den “goldenen K+K-Zeiten” fesselten fast die ganze Schweiz vor den Radiogeräten. Vergleichbares zu Kübler und Koblet gab es im Ausland nur noch in Italien durch Fausto Coppi und Gino Bartali oder in Frankreich durch Jacques Anquetil und Raymond Poulidor.

Der Wille war Ferdy Küblers grösste Triebfeder. Oft stand ihm sein Dickschädel aber auch im Weg. Etwa dann, wenn Kübler den Erfolg mit der Brechstange suchte und letztlich kläglich einging. Die Bilder vom Radprofi in Tränen der Enttäuschung – nach einer Niederlage oder weil er durch Defekte zurückgeworfen wurde – machten die Runde und trugen zum Bekanntheitsgrad bei. In 20 Jahren bestritt Kübler knapp 2000 Rennen auf der Strasse, der Bahn oder im Gelände. Sein Katzenbuckel beim Spurt waren ebenso legendär wie seine trockenen Sprüche.

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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