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Fünf Ärzte wegen illegalen Organhandels im Kosovo verurteilt

(Keystone-SDA) Im Prozess wegen illegalen Organhandels im Kosovo sind fünf Ärzte zu teils mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Ein als Teil der EU-Polizei- und Justizmission im Kosovo (EULEX) amtierendes Gericht verurteilte den Urologen Lutfi Dervishi am Montag zu acht Jahren Gefängnis.

Sein Sohn Arban Dervishi, ebenfalls Arzt, erhielt eine Haftstrafe von sieben Jahren und drei Monaten. Drei weitere Mediziner wurden zu Strafen zwischen einem Jahr auf Bewährung und drei Jahren Haft verurteilt. Freisprüche gab es für Ilir Rrecaj, einen ehemaliger Spitzenbeamten des Kosovo-Gesundheitsministeriums, und für den siebten Angeklagten in dem seit 2011 dauernden Prozess.

Im Zentrum der EULEX-Ermittlungen stand die Medicus-Klinik in der Kosovo-Hauptstadt Pristina, die 2008 nach einer Polizeirazzia geschlossen worden war. Der Anklageschrift zufolge rekrutierte die Klinik vor allem in armen Gebieten Osteuropas und Zentralasiens Menschen, denen sie rund 15’000 Euro für ihre Organe bot.

Später wurden diese für bis zu 100’000 Euro weiterverkauft. Der EU-Sonderankläger Jonathan Ratel warf Rrecaj und seinen sechs Mitangeklagten während des Prozesses vor, einen schwunghaften illegalen Organhandel betrieben zu haben.

Rrecaj gab während des Verfahrens zu, dass in der Medicus-Klinik illegale Transplantationen von Organen vorgenommen wurden. Er bestritt jedoch, daran beteiligt gewesen zu sein.

Der zu drei Jahren Haft verurteilte Anästhesist Sokol Hajdini sagte aus, 2008 dem türkischen Arzt Yusuf Ercin Sonmez bei seiner Meinung nach legalen Organtransplantationen zur Hand gegangen zu sein.

In der Anklageschrift wird neben Sonmez auch der Israeli Mosche Harel als mutmasslicher Drahtzieher genannt. Die beiden Verdächtigen standen dem EULEX-Gericht jedoch nicht zur Verfügung.

Marty nicht vorgeladen

Ratel hatte die Vorladung des ehemaligen Schweizer Sonderberichterstatters des Europarats, Dick Marty, beantragt, war damit aber gescheitert. Marty hatte Ende 2010 den derzeitigen Kosovo-Regierungschef Hashim Thaci beschuldigt, als Kommandant der Kosovo-Befreiungsarmee (UCK) während des Kriegs 1998/1999 am Handel mit Organen serbischer Gefangener beteiligt gewesen zu sein.

Thaci wies dies zurück. Gemäss Marty gibt es einen engen Zusammenhang zwischen den Vorwürfen gegen Thaci und der Affäre um die Medicus-Klinik in Pristina. Die internationale Untersuchung dieser Angelegenheit soll im kommenden Jahr abgeschlossen sein, wie der von der EU als Chefermittler eingesetzte US-Staatsanwalt John Clint Williamson vergangene Woche mitteilte.

Im Zuge des Verfahrens wurde auch ein Rechtshilfeersuchen an die Schweiz gestellt. Das Bundesamt für Justiz (BJ) bestätigte auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda eine entsprechende Meldung der Zeitungen “Tages-Anzeiger” und “Bund” vom Dienstag. Das Gesuch sei an die Bundesanwaltschaft weitergeleitet worden.

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