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Gefangene in Syrien laut Menschenrechtlern sexuell missbraucht

(Keystone-SDA) Das Regime in Syrien greift laut einem Bericht der Menschenrechtsorganisation “Human Rights Watch” (HRW) im Umgang mit Gefangenen regelmässig zu Mitteln der sexuellen Gewalt und Folter.

Männer, Frauen und selbst Jungen und Mädchen im Alter von zwölf Jahren würden in Gefängnissen und bei Hausdurchsuchungen sexuell missbraucht und gedemütigt, heisst es in dem Bericht, der am Freitag veröffentlicht wurde.

Die Opfer würden vergewaltigt, nackt ausgezogen und an den Geschlechtsorganen mit Elektroschocks oder Gegenständen gefoltert. Zu den Gewalttaten sei es überall in Syrien gekommen, vor allem jedoch in Homs, wo die Aufständischen stark vertreten sind.

Täter bei Armee, Geheimdienst und Milizen

Die Täter seien Armeeangehörige, Geheimdienstmitarbeiter und Kämpfer der gefürchteten, regimetreuen Schabiha-Milizen. Der Bericht dokumentiert 20 derartige Übergriffe zwischen dem Beginn der Massenproteste gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad im März 2011 und dem März dieses Jahres.

Er stützt sich auf die Befragung von acht Opfern, unter ihnen vier Frauen, und 25 weiteren Personen, die über glaubhafte Kenntnisse über diese Vorfälle verfügten, unter ihnen Familienangehörige von Opfern, ehemalige Gefangene und Deserteure aus den Sicherheitskräften.

Ein ehemaliger Gefangener habe berichtet, er sei mit mehr als 70 Männern in einer Zelle festgehalten worden. Knaben seien schlimmer behandelt worden als Erwachsene. Sie seien von Verhören vergewaltigt und mit ausgerissenen Fingernägeln zurückgekehrt.

Waffe im Folterarsenal

“Sexuelle Gewalt gegen Gefangene ist eine von vielen schrecklichen Waffen im Folterarsenal der syrischen Regierung”, erklärte die Nahost-Direktorin von HRW, Sarah Leah Whitson. “Die syrischen Sicherheitskräfte wenden sie regelmässig an, um Gefangene ungestraft zu demütigen und zu zerstören.”

Das volle Ausmass der sexuellen Gewalt gegen Gefangene und andere Zivilisten in- und ausserhalb der Gefängnisse sei aber unbekannt, heisst es in dem Bericht weiter.

Menschenrechtsaktivisten hätten nur einen äusserst begrenzten Zugang zu dem vom Regime abgeschotteten Land. Darüber hinaus würde das “Stigma, das von sexueller Gewalt in Syrien ausgeht, die Opfer davon abhalten, über Missbräuche zu berichten”.

Kommandanten sind verantwortlich

Dem Bericht zufolge existieren bisher keine Beweise dafür, dass hochrangige Kommandanten ihren Untergebenen sexuelle Gewalt gegen Häftlinge und andere Zivilisten befohlen hätten.

Der Verantwortung könnten sie sich aber in vielen der hier belegten Fälle nicht entziehen.

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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