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Geistlicher verkauft Eheschliessungen – Vier Jahre Gefängnis

(Keystone-SDA) London/Lewes – Ein Pfarrer hat in England rund 360 Scheinehen geschlossen und muss deswegen vier Jahre ins Gefängnis. Wer in Grossbritannien nach anglikanischem Ritus kirchlich heiratet, muss nicht zwingend auch noch zum Standesamt, damit die Ehe vor dem Gesetz gilt.
Zusammen mit zwei Komplizen hatte der Geistliche von 2005 bis 2009 systematisch Eheschliessungen verkauft, um Personen ohne Papiere eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung zu verschaffen, wie das Gericht in der englischen Stadt Lewes am Montag befand. Dies sei der grösste derartige Fall in der britischen Geschichte, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft.
Auch die zwei Komplizen des 61 Jahre alten Pastors wurden zu jeweils vier Jahren Haft verurteilt. Allen drei war vorgeworfen worden, den Immigranten dabei geholfen zu haben, die Gesetze zu brechen.
In einem Grossteil der Fälle heirateten Männer aus Nigeria Frauen aus osteuropäischen Ländern. Die Frauen bekamen dafür bis zu 3000 Pfund (4700 Franken), oft aber weniger als vereinbart.
Das Geschäft war aufgeflogen, weil die Statistik der kleinen Pfarrei im Städtchen St. Leonards-on-Sea plötzlich Kopf stand: In vier Jahren stieg die Zahl der Hochzeiten um das Dreissigfache. Auch waren die Einnahmen der Kirche nach Beginn der Betrugsserie auf bis zu 22’000 Pfund im Halbjahr hochgeschnellt.
Viele der Immigranten waren einst legal als Flüchtlinge oder Studenten in Grossbritannien angekommen, ihnen drohte aber die Abschiebung. In einigen Fällen waren die Männer schon in ihrer afrikanischen Heimat verheiratet und hatten Kinder.
Die drei Männer hätten “kein Problem damit gehabt, die Verzweiflung anderer Menschen für ihren eigenen Vorteil auszunutzen”, erklärte das Gericht. Einer von ihnen hatte die EU-Bürger rekrutiert. Der dritte, der selbst aus Nigeria stammte, hatte sich um die Ehemänner gekümmert. Keiner der drei war geständig.
Der Pfarrer hatte während des Prozesses gesagt, er habe sich zwar über die vielen Hochzeiten gewundert, von den Absichten der Brautleute aber nichts gewusst. Das Gericht entschied, dass dem Geistlichen klar gewesen sein müsse, dass es sich um Scheinehen gehandelt habe. Sein Motiv blieb unklar, denn Geld wurde bei ihm nicht gefunden.

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