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Gregor Kobel über Passion und seine Eishockey-Wurzeln

(Keystone-SDA) Er misst 193 Zentimeter, hat einen kräftigen Händedruck und weiss sich deutlich zu artikulieren. Hoffenheims Schweizer U21-Goalie Gregor Kobel (18) bringt das Selbstbewusstsein für die Bundesliga mit.

Oliver Kahn hat er mal bewundert, als der Münchner noch ein gefürchteter Titan war. “Sein Stil imponierte mir. Ein spezieller Typ. Die Gegner hatten Respekt vor ihm.” Wucht und Körpermasse, damit kann Kobel was anfangen. In Deutschland gefällt ihm das Schroffe, das Unverblümte. “Vielleicht dringt durch, dass ich eigentlich aus einer Hockey-Familie komme.”

Sein Vater Peter Kobel stürmte in den Neunzigerjahren in der NLA für den ZSC, Kloten, Lugano und Davos, bis ihn körperliche Beschwerden stoppten. Der Junior wusste mit Puck und Schläger ganz gut umzugehen, er stand als Schüler immer wieder auf dem Eis. “Aber im Fussball verfolgte ich meine Ziele passionierter und erfolgreicher.”

Den Zürcher Quartierklub Seefeld verlässt er als Kind nach wenigen Wochen und schliesst sich der U9 von GC an. In der Juniorenabteilung merkt er schnell einmal, wie viel “mit brutaler Freude und Wettkampfgeist” zu erreichen ist. Im Alter von 16 Jahren kommt die Offerte aus dem Land des Weltmeisters: Hoffenheim klopft an, nach kurzer Bedenkfrist steht für ihn fest: “Diese Challenge nehme ich an.” Bis zur Bundesliga-Beförderung von Julian Nagelsmann spielt er unter dem deutschen Trainer-Aufsteiger des Jahres in der U19 der TSG.

Haften bleibt nicht nur die sportliche Herausforderung, sondern auch das Gefühl, als Teenager bereits auf eigenen Beinen stehen zu müssen: “Es war schon hart, von den Eltern wegzugehen.” Er habe früh gelernt, den Alltag in Eigenregie zu meistern, “alles selber zu regeln”. Und er sei sehr schnell in ein System eingetaucht, von dem er sich erhofft, in naher Zukunft markante Fortschritte zu machen. “Bis jetzt ist alles aufgegangen, ich bereue keine Sekunde.”

Hoffenheim betrachtet der junge Keeper als die perfekte Wahl. Die Infrastruktur im Kraichgau gehöre europaweit zum Besten. “Es fehlt an nichts.” Perfekt präparierte Rasenplätze, Indoorflächen, modernste Krafträume, ein Footbonaut – die TSG leistet sich zur Betreuung der Spieler nur das teuerste Equipment.

Und Kobel schätzt im deutschen Fussball die tief verwurzelte Keeperkultur: “Die Deutschen sind sehr daran interessiert, das Spiel der Torhüter weiterzuentwickeln.” Seit letztem Sommer gehört das SFV-Talent offiziell zum Bundesliga-Kader. Die Einheiten mit der Elite tun ihm gut. Kobel spricht von der perfekten Eingewöhnungsphase: “Ich kann viel von Oliver Baumann (Nummer 1) profitieren, was die Professionalität auf und neben dem Platz angeht.”

Seine vorzügliche Arbeit im Talentpool Hoffenheims wird registriert. Der Fachzeitschrift “Kicker” ist Anfang Jahr im Trainingslager in Südafrika nicht nur die stattliche Figur des jugendlichen Schweizers aufgefallen: “Er besitzt eine grundsolide Torhütertechnik und scheint bestens gerüstet für eine Profi-Karriere.” Goalietrainer Michael Rechner hob unlängst auch Kobels “mentale Stärke” hervor.

Bis 2020 ist der Vertrag mit dem jüngsten Hoffnungsträger der Schweizer Torhüterfraktion fixiert. Wie der Weg bis dahin verlaufen wird, ist offen. “Bis zum jetzigen Zeitpunkt hat alles plangemäss funktioniert. Ich beschäftige mich vor allem mit der momentanen Aufgabe.” Ein späteres Leihgeschäft sei sicher nicht ausgeschlossen: “Hoffenheim ist bekannt dafür und an meiner Weiterentwicklung interessiert.”

Derzeit wird Kobel in der Regionalliga Südwest eingesetzt. Gegen gefallene Grössen wie Homburg, Offenbach oder die Stuttgarter Kickers sammelt er vor ein paar Tausend Zuschauern wertvolle Erfahrungen. Den Ball hält er fest, aber flach: “Ich bin eben erst im Männerfussball angekommen.” 18-jährig, 90 Kilogramm schwer, 193 Zentimeter lang.

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