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Hohe eigene Ansprüche der Schweizer Springreiter

(Keystone-SDA) Spätestens nach der ersten Einzel-Qualifikation vom Sonntag ist klar: Den Ansprüchen der Schweizer Springreiter genügt im Olympia-Teamwettkampf in Rio de Janeiro nur eine Medaille.

Janika Sprunger auf Bonne Chance, Romain Duguet im Sattel von Quorida de Treho, Martin Fuchs mit dem Schimmel Clooney und der Olympiasieger Steve Guerdat auf dem Rücken von Gold-Pferd Nino des Buissonnets zählen heute und Mittwoch zusammen mit einer Handvoll anderen Nationen zu den Sieganwärtern. Die Schweiz tritt mit der bestmöglichen Equipe in Bestform an.

In der Vorbereitung verlief alles nach Plan. Die Nomination der Mannschaft war unbestritten. Der Olympiasieger Guerdat, die anerkannte Nummer 1 im Schweizer Team, begleitet das erfolgreiche Quartett der Europameisterschaften 2015 in Aachen. Duguet, Fuchs, Janika Sprunger und Paul Estermann hatten im Sommer 2015 die Bronzemedaille gewonnen und zugleich das Ticket für Rio gelöst. Die Pferde blieben alle gesund, die Leistungen blieben auf hohem Level und die Harmonie in der Equipe blieb intakt. Pius Schwizer, Ende Januar beim CSI Zürich mit Future noch umjubelter Sieger der Weltcup-Prüfung, konnte sich nach der Verletzung des Wallachs nicht mehr aufdrängen.

Das Niveau im selektionierten Quintett war derart hoch, dass der Schweizer Equipenchef Andy Kistler sogar die Qual der Wahl hatte. Er musste Estermann die ungeliebte Rolle des Ersatzreiters zuteilen, im Wissen, dass auch der Luzerner absolut olympiatauglich wäre. Estermann akzeptierte den Entscheid sportlich, er brachte keine Unruhe ins Team.

Kistler kann sich keine bessere Ausgangslage wünschen. Er und Trainer Thomas Fuchs, der auf dem Reitplatz das Sagen hat, planten langfristig, damit die Pferde optimal vorbereitet nach Rio reisen. Die Tiere wurden nicht wegen einer internen Ausmarchung oder wegen prestigeträchtiger Turniere “verheizt”. Auch der Transport nach Brasilien verlief ohne Zwischenfälle.

Die Hoffnungen auf eine Team-Medaille wurden durch die Leistungen am Sonntag zusätzlich geschürt. In der ersten Einzel-Qualifikationsprüfung, einem schweren Parcours mit Hindernishöhen bis 160 cm, bestach das Quartett durch konstant starke Leistungen. Janika Sprunger und Guerdat legten Blankorunden ins Karree, Duguet und Fuchs mussten nur einen Abwurf hinnehmen. Alle tankten nochmals Selbstvertrauen.

In jüngerer Vergangenheit gewann die Schweiz zwei olympische Team-Medaillen. 2008 in Peking (Hongkong) erhielt die Mannschaft nach der Disqualifikation von Norwegen nachträglich Bronze und 2000 hatte in Sydney Silber herausgeschaut. Ob in Rio de Janeiro ein weiterer Medaillensatz hinzukommt, zeigt sich am Dienstag und Mittwoch in je einem Umgang. Wegen des Streichresultats sind Nullfehlerritte gefragt. Das heisst: Lieber dreimal null und einmal 16 Punkte statt vier mal vier Zähler.

Der Reitsport ist unberechenbar. Deutschland, die Niederlande, Grossbritannien, Frankreich, die USA oder die Schweiz mögen die Favoriten sein. Aber Pferde sind Tiere – und Tiere wissen nicht, dass für sie die wichtigste Woche des Jahres angebrochen ist. Mit Gewalt lässt sich wenig ausrichten, Überraschungen gibt es immer. So fehlt beispielsweise Belgien, das 2015 die Nationenpreis-Serie dominiert hat. Aber im entscheidenden Moment, an den Weltreiterspielen 2014 in der Bretagne und an den Europameisterschaften in Aachen verpatzten sie den Wettkampf und mussten ihr Olympia-Ticket einer anderen Nation überlassen.

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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