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Joseph Deiss: “Keine baldige Reform des UNO-Sicherheitsrates”

(Keystone-SDA) Joseph Deiss, Präsident der UNO-Generalversammlung, hält eine baldige Reform des Weltsicherheitsrates für unwahrscheinlich, wie er der österreichischen Nachrichtenagentur APA sagte. Der ehemalige Schweizer Bundesrat sprach am Mittwoch in der Wiener Hofburg.

Erfreut zeigte sich der ehemalige Aussenminister Deiss bei seinem Auftritt über die jüngsten Missionen unter UNO-Mandaten in Libyen und in der Elfenbeinküste. “Die UNO hat in den vergangenen Wochen gezeigt, dass sie in der Lage ist, Führung zu übernehmen und Entscheidungen zu treffen.”

Zurückhaltung im Fall von Syrien

Im Fall von Syrien gab sich Deiss zurückhaltend. Eine Intervention sei “ein schwerer Schritt” und bedürfe ausreichender Beratung.

Im Vortrag erläuterte Deiss die von vielen Staaten gewünschten Veränderungen im höchsten UNO-Gremium: Der Sicherheitsrat soll aufgestockt und eine ausgewogenere regionale Verteilung der Mitgliedsstaaten erreicht werden. “Wenn wir das nicht hinkriegen, wird die Organisation an Glaubwürdigkeit verlieren”, warnte Deiss.

Die Schlüsselfrage, welche die Reform zur Zeit blockiere, sei die Aufnahme weiterer ständiger Mitglieder im Sicherheitsrat. Derzeit streben mehrere Länder, darunter Deutschland, Japan, Brasilien und Indien, einen ständigen Sitz an.

Auch in anderen Bereichen der UNO sieht Deiss Reformbedarf. Zentrales Anliegen seiner einjährigen Amtszeit sei es gewesen, die Anbindung der Vereinten Nationen an neu entstandene globale Foren wie die G-20-Gipfel zu stärken.

Prozess läuft seit Ende der neunziger Jahre

Seit dem Amtsantritt des Freiburgers im September 2010 werden vor und nach jedem Gipfel Debatten in der Generalversammlung abgehalten. “Es muss eine Art ‘accountability’ der G-20 vor der UNO geben”, sagte Deiss. Zudem soll die Weltorganisation ihre Wirtschaftskompetenz stärken.

Der Prozess zur Reform wichtiger UNO-Institutionen läuft seit Ende der neunziger Jahre. Unter Generalsekretär Kofi Annan wurde 2003 eine Kommission eingesetzt, die Vorschläge zu einer Verbesserung der Effektivität der Organisation ausarbeitete. Die Menschenrechtskommission wurde durch den Menschenrechtsrat ersetzt.

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