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Karikaturisten in Türkei wegen Erdogan-Beleidigung verurteilt

(Keystone-SDA) Ein türkisches Gericht hat zwei Zeichner der Satire-Zeitschrift “Penguen” (Pinguin) wegen Beleidigung von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan zu Geldstrafen verurteilt. Die Justiz geht in jüngster Zeit verstärkt gegen angebliche Erdogan-Beleidigungen vor.

Bahadir Baruter und Özer Aydogan sollen das Staatsoberhaupt mit ihrer Zeichnung für die Titelseite des Magazins für die Ausgabe vom 21. August vergangenen Jahres beleidigt haben, wie die Zeitung “Hürriyet” am Mittwoch meldete. Das Gericht habe die beiden Zeichner zu Bewährungsstrafen verurteilt, diese aber in Geldstrafen umgewandelt.

Auf dem “Penguen”-Titel ist ein missmutiger Erdogan zu sehen, der nach seiner Wahl zum Staatspräsidenten von Beamten im Präsidialamt willkommen geheissen wird. Erdogan beklagt sich über den unzeremoniellen Empfang und fragt, ob man zur Feier des Anlasses “nicht wenigstens einen Journalisten schlachten” könne.

Die Beleidigung erkannten die Richter in der Handbewegung eines der gezeichneten Beamten. Dieser formt mit Daumen und Zeigefinger einen Kreis, was in der Türkei als Zeichen für Homosexuelle gilt.

Zusätzliches Verfahren gegen Baruter

Neben der Verurteilung für die beiden Zeichner kündigte das Gericht eine zusätzliche Strafanzeige gegen den Karikaturisten Baruter an.

Dieser hatte zu seiner Verteidigung gesagt, der Staatsanwalt habe sich bei seiner Interpretation des Handzeichens des Beamten in der Zeichnung wohl von seinem eigenen Unterbewusstsein leiten lassen. Nun droht Baruter ein neues Verfahren wegen mutmasslicher Beleidigung des Staatsanwaltes.

Erdogan hatte “Penguen” bereits während seiner Zeit als Ministerpräsident wegen einer Karikatur verklagt, war aber gescheitert. Seit seinem Amtsantritt als Präsident im vergangenen August hat die Justiz mehr als 80 Strafverfahren wegen angeblicher Präsidenten-Beleidigung eingeleitet. Das ergab eine Zählung der Istanbuler Anwaltskammer.

In einigen Fällen gehen die Verfahren auf Beschwerden von Erdogans Anwälten zurück. Kritiker werfen dem Staatspräsidenten Selbstherrlichkeit und Intoleranz vor.

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