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Milliarden-Angebot für Blackberry lässt viele Fragen offen

(Keystone-SDA) Fast fünf Milliarden Dollar will sich eine kanadische Finanzfirma den Kauf des schwächelnden Smartphone-Pioniers Blackberry kosten lassen. Ist das nun ein genialer Schachzug oder greift der Investor ins fallende Messer?

Blackberry hat einen Kaufinteressenten gefunden, doch die Zitterpartie für den einst übermächtigen Smartphone-Pionier ist noch lange nicht vorbei. Der 4,7 Mrd. Dollar schwere Deal steht noch auf wackeligen Füssen. Und selbst wenn er zustande kommt, bleibt die entscheidende Frage: Was ändert sich mit einem neuen Besitzer?

In den vergangenen Monaten verpuffte Blackberrys Offensive mit einem neuen Betriebssystem, weil Kunden kaum Interesse zeigten. Wie will ein branchenfremder Investor das umkehren, wenn er auch noch die zusätzliche Last einer teilweise auf Pump finanzierten Übernahme tragen muss?

Tückische Finanzierung

Bisher ist nur bekannt, dass der Milliardär Prem Watsa und seine Holding Fairfax Financial die Übernahme für 4,7 Mrd. Dollar auf die Beine stellen wollen. Unklar ist unter anderem, wie viel davon sie selbst aufbringen wollen und wie hoch eventuelle Kredite ausfallen könnten.

Banken dürften bei dem Deal zwei Mal überlegen, bevor sie einen Kredit gewähren: Blackberry kann zwar immer noch Reserven von 2,6 Mrd. Dollar vorweisen – doch der Geldberg ist bereits um mehrere hundert Millionen geschmolzen und es gab bisher keine Anzeichen für eine Besserung des Geschäfts.

Auch ist bisher nicht bekannt, wer die Partner bei dem Deal sein könnten. In der US-Wirtschaftspresse fällt immer wieder der Name des Gründers und einstigen Co-Chefs Mike Lazaridis. Doch er ist einer der zentralen Verantwortlichen für die heutige Misere des einstigen Super-Schwergewichts. Die Gründergeneration glaubte zu lange, Blackberrys seien für Unternehmen unverzichtbar.

Noch vor fünf Jahren schien die Welt von Blackberry in Ordnung. Zwar hatte Apple sein erstes iPhone herausgebracht, doch es wurde nicht als Gefahr wahrgenommen. Kaum ein Manager, der damals auf seinen Blackberry verzichten wollte. Die Computertelefone mit der typischen Tastatur galten als Statussymbol. “Unsere Kunden wollen echte Tastaturen”, winkte damals der zweite Co-Chef Jim Balsillie ab.

Grandios gescheiterte Konzepte

Doch nach und nach verdüsterte sich das Bild für Blackberry. Das iPhone gewann immer mehr Fans, zeitgleich kamen die ersten Smartphones mit dem Android-Betriebssystem von Google heraus. Blackberry versuchte, auf seine Weise auf den Trend zu berührungsempfindlichen Bildschirmen aufzuspringen: Das Modell Storm hatte 2008 einen Touchscreen, das beim Tippen nachgab. Das Konzept scheiterte jedoch grandios.

Erst Anfang dieses Jahres war das Z10 das erste konkurrenzfähige Touchscreen-Handy von Blackberry, aber es war schon zu spät. Der Marktanteil war auf wenige Prozent geschrumpft, das Z10 blieb trotz einer gross angelegten Marketing-Kampagne ein Ladenhüter und brockte dem Konzern eine Abschreibung von bis zu 960 Mio. Dollar ein.

Aktie stürzt ab

Der dramatische Niedergang von Blackberry ist auch am Aktienkurs abzulesen. Während die Blackberry-Aktie Mitte 2008 unter dem damaligen Firmennamen Research in Motion (RIM) noch 145 Dollar wert war, bietet Fairfax heute noch 9 Dollar. Und selbst das erscheint manchem Beobachter zu viel.

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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