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Nationalrat stimmt neuen Wehrpflichtersatz-Regeln zu

Künftig sollen Armeeangehörige für alle fehlenden Diensttage zahlen. Dieser Meinung ist nach dem Bundesrat auch der Nationalrat. (Themenbild) Keystone/DOMINIC STEINMANN sda-ats

(Keystone-SDA) Wer bei der Entlassung aus dem Militärdienst nicht alle Diensttage geleistet hat, soll künftig zahlen müssen. Der Nationalrat ist einverstanden mit dieser und weiteren Änderungen des Gesetzes über die Wehrpflichtersatzabgabe. Als nächstes entscheidet der Ständerat.

Die grosse Kammer folgte am Mittwoch in allen Punkten ihrer Sicherheitspolitischen Kommission. In der Gesamtabstimmung stimmte sie den neuen Wehrpflichtersatz-Regeln mit 167 zu 0 Stimmen bei 17 Enthaltungen zu. Anträge für weitergehende oder geringfügigere Änderungen scheiterten.

So sprach sich der Nationalrat mit 120 zu 62 Stimmen dagegen aus, dass die Behörden den Pass einziehen können, wenn ein Ersatzpflichtiger seine Abgabe nicht bezahlt hat. Den Vorschlag brachte die SVP ein. Der Bundesrat hatte nach geharnischten Reaktionen in der Vernehmlassung darauf verzichtet.

Priska Seiler Graf (SP/ZH) bezeichnete diesen als “grotesk und unverhältnismässig”. Die Anpassung widerspräche geltenden völkerrechtlichen Bestimmungen. Balthasar Glättli (Grüne/ZH) kritisierte den Bundesrat dafür, dass er diese Regel überhaupt einmal angedacht habe.

Geld für alle fehlenden Diensttage

In den vergangenen Jahren sind jeweils einige Tausend Personen aus der Dienstpflicht entlassen worden, ohne dass sie ihre Dienstleistungspflicht vollständig erfüllt haben. Im Jahr 2012 waren es über 5000 Personen, 2015 rund 2500.

Künftig sollen diese nun eine Abschluss-Wehrpflichtersatzabgabe zahlen, wenn mehr als 15 Militär- oder 25 Zivildiensttage fehlen. Viele Dienstpflichtige leisten deshalb nicht sämtliche Diensttage, weil sie gar nicht aufgeboten wurden. Auch sie sollen zahlen.

Damit werde die Gesamtdienstleistungspflicht besser erfüllt, die Gleichbehandlung verbessert und ein Anreiz geschaffen, alle Diensttage zu leisten, argumentierte Finanzminister Ueli Maurer. “Wir schaffen damit mehr Gerechtigkeit.”

Die Linke wehrte sich gegen die Abschluss-Ersatzabgabe, jedoch erfolglos. Mit 128 zu 52 Stimmen stimmte der Rat dem Vorschlag der Regierung und seiner Kommission zu.

Gleiche Abgabe für alle

Weitere Änderungen haben mit der Armeereform zu tun. Der Militär- oder Zivildienst muss künftig zwischen dem 19./20. und dem 37. Altersjahr geleistet werden. Entsprechend soll auch die Dauer der Ersatzabgabepflicht angepasst werden. In den 18 Jahren Dienstpflicht sollen Abgabepflichtige wie bereits heute höchstens elf jährliche Abgaben bezahlen.

Der Abgabesatz soll weiterhin drei Prozent des Reineinkommens betragen, die Mindestabgabe 400 Franken. Die Studiengruppe Dienstpflichtsystem hatte eine Erhöhung der Mindestabgabe auf 1000 Franken vorgeschlagen.

Der Bundesrat hielt dazu in der Vernehmlassungsvorlage fest, für untauglich Erklärte verdienten durchschnittlich weniger als ihre militärdienstleistenden Alterskameraden. Durch eine starke Erhöhung der Abgabe würden somit die sozial Schwächeren im Verhältnis zum verfügbaren Einkommen massiv höher belastet als die Einkommensstärkeren.

SP und Grüne plädierten im Nationalrat für eine “progressive Abgabe”, wonach die Ersatzabgabe gestuft nach dem steuerbaren Einkommen berechnet worden wäre. Der Antrag war aber chancenlos und wurde mit 126 zu 51 Stimmen abgelehnt.

Umsetzung ab 2019 geplant

Bei der Verschiebung der Rekrutenschule soll neu keine Wehrpflichtersatzabgabe mehr erhoben werden. Eine Verschiebung ist bis zum 25. Altersjahr möglich. Bei verschobenen Wiederholungskursen oder Zivildiensteinsätzen ist die Abgabe dagegen weiterhin geschuldet.

Die Vorlage geht nun an den Ständerat. Ziel ist, dass die Änderungen am 1. Januar 2019 in Kraft treten – ein Jahr nach Einführung der neuen Rechtsgrundlagen zur Weiterentwicklung der Armee (WEA). Weil für die Erhebung der Ersatzabgaben auf den geleisteten Militär- oder Zivildienst des Vorjahres abgestellt wird, werden die abgeänderten Rechtsgrundlagen der WEA erst im Jahr nach deren Inkraftsetzung für den Wehrpflichtersatz relevant.

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