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Neue Regeln für Zwangsausschaffungen

(Keystone-SDA) Ab kommendem Jahr gelten neue Regeln für die Zwangsausschaffung von abgewiesenen Asylsuchenden. Künftig gibt es eine Liste mit Krankheiten, die gegen eine Rückführung sprechen. Zudem werden die Rollen der involvierten Ärzte klarer getrennt.

Die neuen Regeln sind das Resultat eines Dialogs zwischen Behördenvertretern, Ärzten und Mitgliedern der Nationalen Kommission zur Verhütung von Folter, wie das Bundesamt für Migration (BFM) mitteilte.

Im heutigen System beurteilt der behandelnde Arzt – beispielsweise der Gefängnisarzt -, ob eine Person transportfähig ist. Je nach Art der Rückführung und je nach Gesundheitszustand der Person begleitet ein Arzt im Auftrag des BFM die Rückführung.

Strikte Rollentrennung

Neu sollen die Rollen des behandelnden und des während der Rückführung anwesenden Arzt strikt getrennt werden. Dies war ein Anliegen der Ärztinnen und Ärzte. Die Rollentrennung ist aus ihrer Sicht wichtig, um das Vertrauensverhältnis zwischen Patient und behandelndem Arzt aufrecht zu erhalten.

Der behandelnde Arzt beurteilt, ob Krankheitsbilder vorliegen, die eine Rückführung verbieten. Dabei hält er sich an eine Liste. Gegen eine Rückführung sprechen unter anderem Schwangerschaften ab der 36. Woche, tiefe Venenthrombosen, Sinusitis, schwere Lungenerkrankungen und Psychosen, sofern die Person nicht stabil eingestellt ist.

Entbindung vom Berufsgeheimnis

Damit die Informationen dem begleitenden Arzt weitergeleitet werden können, ersucht der behandelnde Arzt den Patienten um Entbindung vom Berufsgeheimnis. Verweigert der Patient die Entbindung und liegen Kontraindikationen vor, stellt der behandelnde Arzt bei der zuständigen kantonalen Behörde ein Gesuch um Entbindung vom Berufsgeheimnis. Gestützt auf die Unterlagen sowie auf die medizinische Beurteilung am Abflugtag entscheidet der begleitende Arzt schliesslich, ob die Person reisefähig ist.

Justizministerin Simonetta Sommaruga und die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren hatten im Frühjahr 2013 entschieden, dass Bund und Kantone unter Einbezug der Nationalen Kommission zur Verhütung von Folter mit der Ärzteschaft in einen Dialog zu medizinischen Fragen der Rückführung treten. Das Ziel des Dialogs sei es gewesen, den Austausch von medizinischen Informationen zu verbessern, um medizinische Probleme frühzeitig zu erkennen, schreibt das BFM.

Flüge vorübergehend eingestellt

Die Ausschaffungsflüge waren nach dem Tod eines Nigerianers 2010 kurzzeitig eingestellt worden. Der 29-Jährige hatte sich heftig gegen die Ausschaffung gewehrt. Gemäss einem rechtsmedizinischen Gutachten starb er aber wegen einer schweren Herzkrankheit.

Nach dem Vorfall arbeitete das BFM ein Massnahmenpaket aus, um die Sicherheit bei Zwangsausschaffungen zu verbessern. Als Mitte 2011 auch die Rückführungen nach Nigeria wieder aufgenommen wurden, reisten erstmals auch ein Arzt und ein Rettungssanitäter an Bord der Maschine mit.

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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