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Polens satirische Stimme des Exils ist tot

(Keystone-SDA) Auch wenn Slawomir Mrozek einen grossen Teil seines Lebens im Exil verbrachte, ist er aus der polnischen Literatur des 20. Jahrhunderts nicht wegzudenken. Am Donnerstag starb der auch international beliebte Autor im Alter von 83 Jahren in seinem Wohnort Nizza.

In Polen zählte Mrozek, dessen literarische Werkzeuge das Groteske und Absurde waren, die Übertreibung und die stilisierte Sprache, zu den beliebtesten Schriftsteller.

“Lachen ist Mrozeks Antwort auf die Realität der Gegenwart”, schrieb das Literaturportal “Culture.pl” über den Satiriker, der als junger Mann an den Kommunismus geglaubt hatte und später zu einer der Stimmen der polnischen Exil-Intellektuellen wurde.

Der am 29. Juni 1930 in dem galizischen Städtchen Boreczin in der Nähe von Krakau geborene Mrozek arbeitete unter anderem als Journalist, Zeichner, Dramaturg, Bühnenautor und Regisseur.

Die Vielzahl von Interessen machte ihm bereits die Wahl eines Studienfaches schwer: Mrozek studierte Kunst, Architektur und Orientalistik, schloss aber keinen der Studiengänge ab.

Asyl in Frankreich

Stattdessen veröffentlichte er seit den frühen 1950er Jahren satirische Werke. Mit seiner Frau, der Malerin Maria Obremba, beschloss Mrozek 1963 während eines Italienaufenthaltes, nicht nach Polen zurückzukehren. Sein 1964 veröffentlichtes Theaterstück “Tango” war eine satirische Abrechnung mit dem Totalitarismus.

Als Truppen des Warschauer Pakts 1968 in der Tschechoslowakei einmarschierten und den Prager Frühling gewaltsam beendeten, gehörte der inzwischen in Paris lebende Mrozek zu den Intellektuellen, die in der Exil-Zeitschrift Kultura einen Protest veröffentlichten.

Die kommunistischen Behörden Polen forderten Mrozek auf, umgehend nach Polen zurückzukommen. Doch der Schriftsteller bat in Frankreich um Asyl. Seine Bücher durften daraufhin in Polen jahrelang nicht veröffentlicht und seine Stücke nicht aufgeführt werden.

Erst in den späten 1970er Jahren lockerten die polnischen Behörden das Veröffentlichungsverbot. Wenige Jahre später war es Mrozek, der eine Aufführung seiner Bühnenstücke in Polen aus Protest gegen die Verhängung des Kriegsrechts im Dezember 1981 untersagte.

Rückkehr nach Polen

Das Gesamtwerk von Mrozek erschien auf Deutsch im Diogenes Verlag mit Sitz in Zürich. Mit seinen Stücken wie “Tango”, “Emigranten”, “Die Polizei” oder “Striptease” habe der Autor Weltruhm erlangt, teilte Diogenes mit: “In Deutschland gehörten sie zu den meistgespielten Theaterstücken überhaupt.”

Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus zog es auch Mrozek wieder in die polnische Heimat. Mit seiner zweiten Ehefrau, der mexikanischen Theaterregisseurin Susana Osorio Rosas, lebte er von 1996 bis 2006 in Krakau. Danach liess sich das Paar in Nizza nieder – Mrozek hatte auch die französische Staatsbürgerschaft.

2007 erschien sein autobiografisches Buch “Balthasar”. Die satirische Auseinandersetzung mit den Geschehnissen der Gegenwart prägte auch nach dem Zusammenbruch des Kommunismus Mrozeks Bühnenwerke. So ging es in “Liebe auf der Krim” um den Zerfall der Sowjetunion und in “Die schöne Aussicht” um den Krieg auf dem Balkan.

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