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Westschweizer Kantone wollen Regeln bei Freigängen vereinheitlichen

(Keystone-SDA) Nach der Kritik am Westschweizer Strafvollzug im Zusammenhang mit zwei Tötungsdelikten wollen die Westschweizer Kantone ihre Regeln für Freigänge vereinheitlichen und verschärfen. Zudem sollen die verschiedenen Behörden eines Kantons Informationen über gefährliche Häftlinge austauschen können.

Die Konferenz der Justiz- und Polizeidirektoren der lateinischen Schweiz (LKJPD) schlägt den Kantonen vor, dafür eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, wie sie nach ihrer Sitzung am Donnerstag in Delsberg mitteilte.

Medizinisches Personal, das sich um einen Häftling kümmere, müsse die Möglichkeit haben, die zuständige Behörde über wichtige Fakten zu informieren, die einen Einfluss auf die Einschätzung seiner Gefährlichkeit haben könnte. Das müsse trotz des Arztgeheimnisses möglich sein. “Wir müssen alle notwendigen Informationen über den Häftling haben”, sagte die Waadtländer Staatsrätin Béatrice Métraux.

Wenn es Zweifel an der Gefährlichkeit eines Häftlings gebe, müsse im Sinne der Gesellschaft entschieden werden, sagte der Genfer Sicherheitsdirektor Pierre Maudet. Er plädierte für einen neuen Ansatz im Umgang mit Risiken.

Bevor ein gefährlicher Häftling von einer Hafterleichterung profitieren kann, sollen ein ganzer Prozess und ein detaillierte Prüfung durchgeführt werden. Der Entscheid für eine Erleichterung soll zudem nie von einer einzigen Person gefällt werden.

Kein nationales Register

Die Schaffung eines nationalen Häftlings-Registers wollen die Justiz- und Polizeidirektoren der Westschweiz und des Tessins derzeit nicht vorantreiben. Stattdessen soll ihrer Ansicht nach künftig im bereits existierenden Index der Polizei erwähnt werden können, dass ein Häftling als gefährlich eingestuft wird.

Mit den angekündigten Massnahmen reagiert die LKJPD auf zwei tragische Vorfälle, die sich in diesem Jahr ereignet haben. Im September tötete ein verurteilter Vergewaltiger bei einem begleiteten Freigang eine 34-jährige Genfer Sozialtherapeutin. In Payerne VD wurde im Mai die 19-jährige Marie von einem vorbestraften Mörder, der sich im Hausarrest befand, entführt und getötet.

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