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YB und die dritte Herausforderung aus dem Osten

(Keystone-SDA) YB muss sich zum dritten Mal in einem Jahr gegen ein osteuropäisches Topteam durchsetzen. Nur so gelangt es erstmals in die Champions League. Heute Abend steigt in Bern das Hinspiel gegen ZSKA Moskau.

Vor einem Jahr tauchten die Berner ebenfalls in den Playoffs der Königsklasse auf. Ihre Erinnerungen sind jedoch nicht die besten. Gegen Borussia Mönchengladbach waren sie schon nach dem 1:3 im Heimspiel nahezu chancenlos. Beim 1:6 im Rückspiel liessen sie sich demontieren.

Beim neuen Anlauf in dieser Woche ist vieles anders und für die Berner verheissungsvoller. Trainer Adi Hütter hat trotz der Abgänge der Leistungsträger Yvon Mvogo und Denis Zakaria ein breiteres, besseres Kader zur Verfügung. Dies ist auch ein Verdienst von Christoph Spycher. Der Sportchef konnte alle Transfers realisieren, die sich der Trainer gewünscht hatte. Und anders als vor einem Jahr wird das Leistungsvermögen nicht durch Verletzungen einzelner Spieler beeinträchtigt.

Den dritten markanten Unterschied macht der Gegner aus. ZSKA Moskau ist nicht Borussia Mönchengladbach. In der dritten Qualifikationsrunde schalteten die Berner vor einem Jahr Schachtar Donezk und heuer Dynamo Kiew aus, zwei Mannschaften mit internationalem Renommee. ZSKA Moskau, Zweiter der letzten russischen Meisterschaft hinter dem Erzrivalen Spartak Moskau, ist ebenso osteuropäisch und vermutlich etwa gleich stark wie die beiden Teams aus der Ukraine. Es könnte jedoch in die Irre führen, wenn man glaubt, dass YB die genau gleiche Aufgabe zu bewältigen hat wie gegen Schachtar und Dynamo.

Schon vor den Partien gegen Dynamo Kiew hatte Adi Hütter darauf hingewiesen, dass die ukrainischen Mannschaften einen grundlegend unterschiedlichen Spielstil pflegen. Schachtar betone mit guten Individualisten den technisch orientierten Fussball, während Dynamo auf Härte und eine erstklassige Defensive setze. Der Charakter der Spiele gab dem Österreicher Recht. Und wie ist die Mannschaft des roten Armeeklubs aus Moskau einzuschätzen? Vielleicht vereinigt sie je zur Hälfte die Vorzüge von Dynamo und Schachtar auf sich.

Erneut gegen eine Mannschaft aus dem Osten anzutreten, kann für die Berner zumindest eine gute psychologische Wirkung haben. Sie dürfen sich auch vor Augen führen, dass im Lostopf auch Kugeln mit vermutlich etwas stärkeren Mannschaften bereit lagen. Mannschaften wie der FC Liverpool, der FC Sevilla und Napoli.

Der Faktor Ravet

Das 0:4 gegen Thun im Super-League-Heimspiel vom letzten Mittwoch passte nach den meist guten bis sehr guten Leistungen der Young Boys in der noch jungen Saison wie die Faust aufs Auge. Wie konnte es zu diesem schier unglaublichen Rückschlag kommen? Vor dem Match gegen Thun wurden die Abwanderungsgelüste von Yoric Ravet ruchbar. Es heisst, er habe just am Spielabend Gespräche mit Vertretern des interessierten Klubs, des Bundesligisten Freiburg, geführt. Wohl deshalb erschien er nicht auf dem Matchblatt. Dieses Intermezzo allein dürfte eine vermeintlich gefestigte, mit vielen ausgezeichneten Spielern bestückte Mannschaft nicht derart aus der Bahn werfen. Selbst wenn Ravet einer der besten, wenn nicht der beste YB-Spieler in den ersten fünf Spielen war. Wenn man den Match gegen Thun betrachtet, kann man beispielsweise feststellen, dass beide Teams in der ersten Halbzeit etwa gleich viele gute Chancen hatten. In der Pause stand es aber 0:3. Es war möglicherweise nur eines dieser sonderbaren Spiele, wie sie immer wieder vorkommen können und von denen man nicht zu viel ableiten sollte.

Mittlerweile hat Sportchef Spycher gemäss der Zeitung “Bund” bestätigt, dass der Wegzug von Ravet nicht vor der am 28. August beginnenden Nationalmannschafts-Pause in Frage kommt. So sei es auch mit den Verantwortlichen von Freiburg vereinbart. Ob sie nun mit oder ohne Ravet zum Hinspiel gegen ZSKA antreten, für die Young Boys gilt: neues Spiel, neues Glück.

Power auf der rechten Seite

In den Spielen gegen die Young Boys bestätigte sich Andrej Jarmolenko als der Star von Dynamo Kiew. Bei YBs neuem Gegner ZSKA Moskau spielt der vermutlich Beste der Mannschaft, der in Russland eingebürgerte 26-jährige Brasilianer Mario Fernandes, ebenfalls auf der rechten Seite. Er ist “nur” Verteidiger, aber ein sehr offensiv ausgerichteter.

Adi Hütter stuft ZSKA stärker ein als Dynamo Kiew. Trainer Wiktor Gontscharenko wird ein altersmässig sehr durchmischtes Team ins Stade de Suisse einlaufen lassen. Zu den Routiniers mit teilweise mehr als hundert Länderspielen und reicher Erfahrung aus dem Europacup zählen der Weltklassegoalie Igor Akinfejew sowie in der Verteidigung die 35-jährigen Zwillinge Wassili und Alexej Beresuzki, die ebenso mehr als 1,90 Meter gross sind wie der aktuelle Internationale Wiktor Wassin auf der rechten Abwehrseite. Die besten Vertreter der Youngsters sind der Brasilianer Vitinho im Sturm und der Jung-Internationale Alexander Golowin auf der linken Seite. Der erst 21-jährige Golowin wird als einer der besten russischen Spieler der Zukunft bezeichnet. Er könnte schon bald für einen reichen Verein im Westen spielen.

Im Unterschied zu YB wäre es für die Russen nichts Neues, wenn sie in die Gruppenphase der Champions League einziehen würden. Letzte Saison wurden sie in der Gruppe mit Monaco, Bayer Leverkusen und Tottenham Hotspur Letzte. Davor hatten sie neun weitere Male die Gruppenspiele erreicht. Weiter kamen sie indessen als jeweils Zweite nur 2009/10 (Out im Viertelfinal gegen Inter Mailand) und 2011/12 (Out im Achtelfinal gegen Real Madrid). Den grössten Erfolg errang ZSKA 2005 mit dem Gewinn des UEFA-Cups.

Wie Adi Hütter sich vor den Medien äusserte, wird es in seiner Aufstellung keine Überraschungen geben. Also dürfte er auch wieder den in bester Form befindlichen Yoric Ravet einsetzen, dessen Transfer zu Freiburg in die Bundesliga bald Tatsache werden könnte.

Die möglichen Aufstellungen

Young Boys – ZSKA Moskau

Stade de Suisse, Bern. – Dienstag, 20.45 Uhr. – SR Fernandez Borbalan (ESP).

Young Boys: Von Ballmoos; Mbabu, Nuhu, von Bergen, Benito; Ravet, Sanogo, Sow, Sulejmani; Hoarau, Assalé.

ZSKA Moskau: Akinfejew; Mario Fernandes, Wassin, Wassili Beresuzki, Alexej Beresuzki, Schennikow; Natcho, Wernbloom, Golowin; Zagojew, Vitinho.

Bemerkungen: 17’000 Tickets im Vorverkauf abgesetzt.

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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