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ZSC Lions als Quali-Sieger und Meister Davos als Favoriten

(Keystone-SDA) Nach 300 Partien geht die NLA-Saison heute mit den Playoff-Viertelfinals so richtig los. Stünden erneut Quali-Sieger ZSC Lions und Titelverteidiger Davos im Final, würde das kaum jemanden erstaunen.

Im Vorfeld der Playoffs wird stets betont, wie ausgeglichen die NLA sei. Es gebe keine einfachen Serien mehr. Dem ist nicht zu widersprechen. 2013 wurden zum zweiten Mal nach 1998 sämtliche Viertelfinals erst im siebten Spiel entschieden, vor einem Jahr lagen in der gleichen Runde sämtliche nach der Qualifikation besser klassierten Teams nach drei Partien 1:2 in Rückstand. Am Ende setzte sich jedoch in sechs von acht Fällen jene Mannschaft mit dem Heimvorteil durch.

Eine andere immer wieder gehörte Aussage ist, dass Statistik nur etwas für Verlierer sei. Dennoch lohnt sich ein Blick in die Vergangenheit. Seit der Saison 1988/89, als erstmals Viertelfinals durchgeführt wurden, hat der Qualifikationssieger in 21 von 27 Saisons den Final erreicht, neunmal wurde er Meister. Der Zweite stand 16 Mal im Endspiel und ging dabei achtmal als Sieger hervor. Der Dritte schaffte neunmal den Einzug in den Final, wobei er viermal die Trophäe in die Höhe stemmte. Die ausserhalb der Top 3 platzierten Mannschaften kommen zusammen auf sechs Titel.

Interessant ist auch, dass jene Teams, die aus den Rängen 6 bis 8 in die entscheidende Meisterschaftsphase gestartet sind, zusammengezählt nur 16 Mal weiterkamen, 65 Mal scheiterten sie in den Viertelfinals. Der Sprung in den Final gelang ihnen bloss dreimal. Auch die Bilanz im Duell Vierter gegen Fünfter spricht mit 16:11 zu Gunsten des “Favoriten”. Dies verdeutlicht, dass die Qualifikation – in dieser Saison kamen im Schnitt erstmals mehr als 7000 Zuschauer (7026) in die Stadien – nicht einfach nur ein Vorgeplänkel ist.

Die ZSC Lions und Titelverteidiger HC Davos, die Nummern 1 und 2, gelten denn auch als aussichtsreichste Kandidaten auf den Titel. Es käme einer Überraschung gleich, würde am Ende nicht eine dieser beiden Mannschaften jubeln. Gegen die Davoser spricht höchstens die Statistik: Die letzten vier Meistertrophäen holten sie in ungeraden Jahren und die letzte erfolgreiche Titelverteidigung liegt auch schon 15 Jahre (ZSC) zurück.

Die Viertelfinal-Serien im Überblick.

ZSC Lions (1. der Qualifikation) – Bern (8.):

Die Lions gehen zum dritten Mal in Folge aus der Pole-Position in die Playoffs. Allerdings treffen sie diesmal in der ersten Runde mit dem SC Bern auf ein weiteres Schwergewicht im Schweizer Eishockey. Während die Qualifikation für den ZSC ein leichter Spaziergang zu sein schien, mussten die Berner, nachdem sie den Trainer ersetzt und sämtliche acht Ausländer-Lizenzen vergeben hatten, bis zur vorletzten Runde um die Playoff-Qualifikation bangen. Insofern kann der SCB nun befreit aufspielen, muss er nicht mehr auf eine Rangliste schielen. Druck ist trotzdem vorhanden, sind doch die Erwartungen in der Bundeshauptstadt immer hoch. Klar ist, dass die Lions nicht nur wegen dem kommenden Superstar Auston Matthews über deutlich mehr Talent sowie Speed verfügen und sich deshalb durchsetzen müssten. Zudem könnte es die letzte Saison von Marc Crawford als ZSC-Headcoach sein; der Kanadier macht keinen Hehl daraus, seine Zukunft in Nordamerika zu sehen. Dies dürfte ihn zusätzlich anstacheln. Crawford ist jedoch beinahe schon ein Garant für Spektakel in den Viertelfinals. In den ersten drei Playoffs unter seiner Führung mussten die Lions in der ersten Runde immer über die volle Distanz, nachdem sie jeweils das erste Heimspiel verloren hatten. Insofern könnte es gar ein Vorteil sein, schon jetzt auf einen Gegner zu treffen, der sicher nicht unterschätzt wird. Das grösste Fragezeichen bei den Lions ist, ob der 21-jährige Goalie Niklas Schlegel auch in dieser Phase sein hohes Niveau halten kann.

Davos (2.) – Kloten Flyers (7.):

Die beiden Mannschaften treffen bereits zum zehnten Mal in den Playoffs aufeinander. Es steht 5:4 für den HCD. In den drei Duellen im Viertelfinal setzten sich allerdings dreimal die Klotener durch, zuletzt 2014 nach einem 0:2-Rückstand mit 4:2. Es wäre aber eine Überraschung, würde diese Serie kein Ende nehmen, obwohl die wie der SCB bis zur 49. Runde um die Playoff-Teilnahme bangenden Flyers nach sieben Siegen in den letzten acht Partien viel Selbstvertrauen haben. Beide Teams stehen für schnelles Eishockey, die Bündner sind jedoch gefestigter. Ausserdem bewiesen sie in der Champions Hockey League, in der sie bis in die Halbfinals vorstiessen, über welches Potenzial sie verfügen und dass sie dieses auch abrufen können, wenn es darauf ankommt. Was HCD-Trainer Arno Del Curto nach dem Umbruch aus den jungen Spielern herausgeholt hat, verdient allerhöchste Anerkennung. Zudem ist der Finne Perttu Lindgren in dieser Saison mit 22 Toren und 40 Assists richtiggehend aufgeblüht. Kein Team hat in der Qualifikation mehr Tore (181) erzielt als der HCD, der ausserdem mit Leonardo Genoni den wohl besten NLA-Keeper in seinen Reihen hat.

Genève-Servette (3.) – Fribourg-Gottéron (6.):

Im Romand-Derby sind Emotionen garantiert. Zwar sind die Genfer einfach auszurechnen, dennoch ist es sehr unangenehm, gegen sie zu spielen. Servette gilt als härteste Equipe der Schweiz und hat gegen Fribourg deutliche physische Vorteile. Zudem präsentierten sich die Genfer in dieser Saison vor heimischem Publikum sehr stark, verloren sie zu Hause nur fünf von 25 Partien, eine davon allerdings gegen Gottéron. Überhaupt spielte das Team von Chris McSorley nach dem durchzogenen Saisonstart mit nur sechs Siegen in den ersten 15 Begegnungen sehr konstant, verlor es bloss noch einmal zwei Spiele hintereinander. Die Sehnsucht in Genf nach dem ersten Meistertitel der Vereinsgeschichte ist jedenfalls gross. Für Fribourg ist an und für sich schon das Erreichen der Playoffs ein Erfolg. Es ist eine extreme Stimmungsmannschaft, wie die Qualifikation gezeigt hat. Zum Saisonstart gab es acht Siege in Serie, nach 17 Partien führte Fribourg die Tabelle immer noch an. Vom 17. November bis 3. Januar verlor es dann allerdings 14 von 15 Spielen. Gelingt es also den Genfern, beim Gegner keine Euphorie entstehen zu lassen, dürfte dem dritten Halbfinal-Einzug in Folge nichts im Weg stehen.

Zug (4.) – Lugano (5.):

In diesem Duell steckt besonders viel Brisanz, was an den beiden Trainern liegt. Luganos Doug Shedden hat von 2008 bis zu seiner Entlassung im März 2014 die Zuger gecoacht und diese in den ersten fünf Saisons fünfmal in die Halbfinals geführt. Er sinnt nach Revanche. Für den Kanadier ist die Serie gegen seinen früheren Arbeitgeber eine “grossartige Story”. Auch EVZ-Trainer Harold Kreis hat eine Vergangenheit beim Gegner. 2006 holte ihn Lugano nach dem 0:2-Rückstand im Viertelfinal gegen Ambri-Piotta, worauf er zwar das erste Spiel verlor, in der Folge aber den Meistertitel mit den Bianconeri holte. Seither herrschte bei den Luganesi Tristesse pur in den Playoffs, kamen sie doch nie mehr über die Viertelfinals hinaus. Topskorer Linus Klasen betonte zwar, dass diese Negativserie keinen Einfluss habe. Es ist aber logisch, dass dem nicht so ist, da die Spieler immer wieder damit konfrontiert werden und es sich somit in den Köpfen festsetzt. Die individuelle Klasse, weiter zu kommen, besitzt Lugano auf jeden Fall, aber das war insbesondere in der vergangenen Saison ebenfalls der Fall. Auch Zug verfügt in der Offensive über aussergewöhnliche Spieler: Mit Pierre-Marc Bouchard (1.), Lino Martschini (3.), Josh Holden (9.) und Jarkko Immonen (12.) stellen die Zentralschweizer gleich vier Spieler in den Top 12 der Skorerliste der Qualifikation.

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