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Zusatzprotokolle zur Alpenkonvention sind vom Tisch

(Keystone-SDA) Bern – Obwohl die Schweiz an deren Ausarbeitung beteiligt war, wird sie die Zusatzprotokolle zur Alpenkonvention nicht ratifizieren. Dies entschied am Mittwoch der Nationalrat, indem er zum zweiten Mal Eintreten verweigerte – sehr zum Bedauern von Bundesrat Moritz Leuenberger.
“Sie sind im Begriff, einen Fehler zu machen, den dann andere ausbaden müssen”, warnte der Umwelt- und Verkehrsminister vor der Abstimmung. Als neue UVEK-Chefin werde Doris Leuthard nächstes Jahr die Alpenkonvention präsidieren. Es werde keinen guten Eindruck machen, wenn ausgerechnet die Schweiz die Protokolle nicht ratifiziere..
Die Warnungen Leuenbergers nützten nichts, ebensowenig jene seitens der SP-, Grünen-, BDP- und Teilen der CVP-Fraktion: Mit 102 zu 76 Stimmen und 9 Enthaltungen weigerte sich der Nationalrat, auf die Vorlage einzutreten, wie er dies schon letztes Jahr getan hatte.
Die Rahmenkonvention trat 1999 mit dem Segen des Parlaments in Kraft. Die neun Zusatzprotokolle betreffen die Bereiche Verkehr, Energie, Raumplanung, Landwirtschaft, Naturschutz, Bergwald, Tourismus, Bodenschutz und Streitbeilegung.
Angst vor den Auswirkungen
Die in den Protokollen vorgesehenen Schutzmassnahmen seien ein zu enges Korsett und würden die Entwicklung der Berggebiete bremsen, erklärte sich die Kommissionsmehrheit überzeugt. Die tatsächliche Tragweite der Protokolle sei schwer abzuschätzen.
Die Minderheit mit CVP-, SP- und GLP-Vertretern sah in den Protokollen im Gegenteil eine Chance für die nachhaltige Entwicklung im Berggebiet und für internationale Zusammenarbeit.
Das Ende einer unendlichen Geschichte
Die Diskussion um die Ratifizierung der Protokolle dauerte Jahre, nämlich seit 2001. Im Jahr 2004 stimmte der Ständerat der Ratifizierung von wenigstens drei der neun Protokolle zu – jenen zum Verkehr, zur Raumplanung und zum Bodenschutz.
Der Nationalrat jedoch entschied sich 2009 für Nichteintreten, wenn auch nur knapp mit 97 zu 94 Stimmen und zwei Enthaltungen. Der Ständerat seinerseits hielt in der Sommersession dieses Jahres an seiner Position fest.
Österreich ist dabei
Der Alpenkonvention gehören neben der Schweiz Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien, Slowenien, Liechtenstein, Monaco und die EU an. Die grosse Mehrheit der anderen Mitgliedstaaten hat die Zusatzprotokolle ratifiziert, darunter auch Österreich.

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