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CH/Agrarpolitik: Gewerbeverband will bäuerlichen Nebenerwerb stutzen

Bern (awp/sda) – Der Schweizerische Gewerbeverband will Bauern mit Nebengewerbe und Gewerbetreibende gleichstellen. Dafür müssen seiner Meinung nach marktverzerrende Vorteile der Landwirtschaft eliminiert werden.
Landwirte profitierten unter anderem von günstigen Bodenpreisen, Direktzahlungen und landwirtschaftlichen Investitionskrediten zu Sonderkonditionen, begründete der Schweizerische Gewerbeverband (sgv) am Donnerstag seine Forderung nach gleich langen Spiessen.
Vorteile, die Gewerbetreibenden versagt blieben. Deshalb will der sgv Bauern und deren Nebenerwerb denselben Regeln und Kontrollen unterstellen, die auch KMU befolgen müssten.
Bauern mit einer Besenbeiz würden dann dem Restaurateur gleichgestellt, Hofladenbetreiber dem Dorfladenbesitzer und der Bauer, der mit seinem Traktor Abfall im Auftrag der Gemeinde sammelt, dem gewerblichen Transportunternehmer.
Der sgv nimmt die aktuelle Vernehmlassung zur bundesrätlichen Agrarpolitik 2014-2017 zum Anlass, um diese Ungleichbehandlung von Bauern und Gerwerbetreibenden auszumerzen.
Bruno Zuppiger, sgv-Präsident, betonte jedoch vor den Medien in Bern, dass es nicht darum gehe, an Direktzahlungen rumzunörgeln. Da entstünde den Bauern keine Opposition. Der sgv konzentriere sich auf das, “was die Konkurrenz verzerrt”.
Bauern sollten sich auf ihr Kerngeschäft, also die Erzeugung von Agrarprodukten, konzentrieren. Dann entfielen Reibungsflächen. Auch gegen einen Nebenerwerb habe der sgv nichts einzuwenden. “Wenn Bauern aber gewerbliche Tätigkeiten ausüben, sollen sie nicht auf staatliche Unterstützung zählen dürfen”, sagte Zuppiger.
Deshalb gehe es darum, Akzente zu verschieben, sagte sgv-Direktor Hans-Ulrich Bigler. “Eine kluge, am Markt orientierte Agrarpolitik schafft die Rahmenbedingungen, dass ein Grossteil der Bauern ein angemessenes Einkommen im Kerngeschäft verdient und eben nicht in Nebengeschäfte ausweichen muss, wo sie das Gewerbe mit Dumping-Preisen aus dem Markt verdrängen.”
Der sgv schlägt verschiedene Massnahmen vor. So will er unter anderem bei der Revision des Raumplanungsgesetzes ansetzen: Nichtlandwirtschaftliche Nebenbetriebe ausserhalb von Bauzonen sollen verboten werden.
Weiter sollen für Besenbeizen in Bauernhöfen die gleich strengen Lebensmittelhygiene-Standards und arbeitsgesetzlichen Bestimmungen gelten wie für Restaurants. Dabei sollen Lebensmittelkontrollen “im gleichen Umfang” stattfinden. Bauern sollen zudem Subventionen und bevorzugte Investitionskredite nicht für den Aufbau eines Nebenerwerbs einsetzen dürfen.
Während sich die sgv-Verbandsspitze bemühte, zu betonen, dass sich die Forderungen nicht gegen die Bauern wenden, kritisiert der Bauernverband die Position des sgv. “Die Vorwürfe an die Adresse der Bauernfamilien und der Landwirtschaftspolitik sind fehl am Platz”, teilte der Bauernverband am Donnerstag mit.
Die sinkenden Preise seien verantwortlich dafür, dass Bauernfamilien die Produktion diversifizierten und Wertschöpfung in nichtlandwirtschaftlichen Tätigkeiten suchten.
Die vom sgv beklagten ungleich langen Spiesse habe eine Studie des Bundesamt für Landwirtschaft 2005 entkräftet. Auf den Stufen Gesetz, Verordnung und Richtlinien gebe es demnach “praktisch keine Unterschiede”.
dm

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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