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CH/BR Calmy-Rey fordert Menschenrechte und Demokratisierung in Georgien

Moskau/Tiflis/Ljubljana (awp/sda) – Bundesrätin Micheline Calmy-Rey hat am Wochenende Georgien und Russland besucht. Als derzeitige Vorsitzende im Ministerkomitee des Europarates pochte sie in Tiflis auf Einhaltung der Menschenrechte und Demokratisierung.
Die Reise der Schweizer Aussenministerin hatte am Freitag in Slowenien begonnen, von dem die Schweiz im November die Präsidentschaft im Europarat für sechs Monate übernommen hatte. Am Sonntagabend traf sie zum Abschluss ihren russischen Amtskollegen Sergej Lawrow.
Thema war nach Schweizer Angaben das Schutzmachtmandat, das die Schweiz nach dem russisch-georgischen Krieg erhalten hat. Seit einem knappen Jahr vertritt sie die Interessen der beiden Länder gegenüber der anderen Seite.
Calmy-Rey und Lawrow zeigten sich zufrieden mit den intensiven schweizerisch-russischen Beziehungen. Seit der Unterzeichnung des Kooperationsvertrages im November 2007 wurden die Beziehungen intensiviert, im vergangenen Jahr fanden 14 Treffen statt. Auf der Schweizer Wunschliste steht noch ein Freihandelsabkommen mit Russland.
Die Schweizer Aussenministerin gab auch ihrer Freude darüber Ausdruck, dass das russische Parlament das Protokoll 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention ratifiziert hat. Mit der Zustimmung Russlands als letztem der 47 Mitglieder des Europarats wird der Menschenrechtsgerichtshof in Strassburg entlastet.
Am Samstag in Georgien hatte Calmy-Rey nach einem Treffen mit ihrem Amtskollegen Grigol Waschadse die Einhaltung der Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Respekt vor den demokratischen Werten eingefordert.
Georgien ist dabei, eine umfassende Justizreform umzusetzen. Menschenrechtler aus Nichtregierungsorganisationen anerkennen zwar gewisse Fortschritte, zweifeln aber grundsätzlich am Willen der Regierung, mit Korruption und Willkür aufzuräumen.
Die politische Elite steht im Verdacht, hinter einer demokratischen Fassade Mafia-Strukturen übernommen zu haben und daraus nun selber Profit zu schlagen. Dazu gehören auch politischer Mord und Verschwindenlassen Andersdenkender.
Calmy-Rey informierte sich auch über die Situation in den abtrünnigen georgischen Gebieten Abchasien und Süd-Ossetien. Am Samstagabend traf sie Staatspräsident Michail Saakaschwili in seinem Palast.
Nach dem Rückzug der UNO-Friedensmissionen in Abchasien (UNOMIG) und jener der OSZE in Süd-Ossetien hat sich die Situation tausender Flüchtlinge und die Sicherheitslage der Bevölkerung im Konfliktgebiet in vielen Fällen verschlechtert.
Calmy-Rey liess sich am Samstag den auch vom Minister für Wiedereingliederung, Temur Jakobaschwili, die neue Strategie der Regierung im Umgang mit Abchasien und Süd-Ossetien erklären. Ausser Russland anerkennt kein Europaratsmitglied deren Unabhängigkeit und betrachtet die Gebiete weiterhin als Teil Georgiens.
Am Sonntag traf sich die Bundesrätin in Tiflis auch mit Vertretern der georgischen Opposition. Unter den parlamentarischen und ausserparlamentarischen Oppositionspolitikern beim Treffen im Aussenbüro des Europarates in der georgischen Hauptstadt war auch die frühere Parlamentspräsidentin und Weggefährtin von Präsident Saakaschwili, Nino Burdschanadse. Sie hatte vor den Parlamentswahlen vom Mai 2008 die Regierungskoalition verlassen.
Calmy-Rey empfing in den Räumen des Europarats, dessen Mitglied Georgien seit 1999 ist, zudem Vertreter der Zivilgesellschaft und Menschenrechtler.
uh

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