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CH/Bundesgericht: Konkubinatspaare bei ALV weiterhin benachteiligt

Luzern (awp/sda) – Konkubinatspartner können gegenüber der Arbeitslosenversicherung im Falle einer Trennung auch künftig nicht von der Sonderregelung für Ehegatten profitieren. Laut Bundesgericht bleibt es dabei, dass sie die Beitragszeit erfüllen müssen, um Taggelder zu erhalten.
Der Fall betrifft eine St. Gallerin, die mit dem Vater ihrer Tochter über 10 Jahre im Konkubinat zusammenlebte. Ihren Job hatte sie aufgegeben, um sich der Kinderbetreuung zu widmen. Als sich das Paar 2008 trennte, musste sich die Frau eine Arbeit suchen, nachdem bisher ihr Freund für den Unterhalt der Familie gesorgt hatte.
Als sie keinen Job fand, meldete sie sich bei der Unia Arbeitslosenkasse zum Bezug von Taggeldern an. Die Ausrichtung von Arbeitslosenentschädigung wurde ihr jedoch verwehrt, weil sie in der massgebenden Rahmenfrist keine ALV-Beiträge eingezahlt hatte.
Das St. Galler Verwaltungsgericht kam dann zum Schluss, dass sie sich wie ein Ehegatte in vergleichbarer Situation und entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts auf Artikel 14 Absatz 2 des Gesetzes über die Arbeitslosenversicherung berufen könne.
Die Bestimmung sieht vor, dass Eheleute von der Erfüllung der Beitragszeit befreit sind, wenn sie infolge Trennung, Scheidung, Tod des Partners oder ähnlichen Gründen gezwungen sind, eine unselbständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Die gleiche Privilegierung gilt seit 2007 für eingetragene Partnerschaften.
Das Bundesgericht hat der Arbeitslosenkasse nun Recht gegeben. Laut Gericht ist an der bisherigen Praxis festzuhalten. Konkubinat und Ehe seien unterschiedliche Formen des Zusammenlebens mit anderen Rechtswirkungen. Das Konkubinat verschaffe im Gegensatz zur Ehe nach wie vor keine rechtlich geschützte Vertrauensposition.
Es bestehe weder eine Pflicht zur gegenseitigen Unterstützung noch auf späteren Unterhalt. Damit liege weiterhin ein sachlicher Grund vor, um Ehe- und Konkubinatspartner im Hinblick auf eine Befreiung von der Beitragszeit unterschiedlich zu behandeln. Eine unzulässige Diskriminierung der Lebensform liege nicht vor. (Urteil 8C_564/2010 vom 11.4.2011; BGE-Publikation)

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