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CH/Telekom: Vergabe aller Mobilfrequenzen im Q1 2012 stösst auf Kritik (Zus)

(Mit Aussagen von ComCom-Chef Furrer)
Zürich (awp) – Die Kommunikationskommission (ComCom) will alle in den kommenden Jahren frei werdenden Mobilfunkfrequenzen in der Schweiz weiter im Rahmen einer einzigen Auktion vergeben. Sie soll im ersten Quartal 2012 stattfinden. Dies trifft vor allem weniger finanzstarke Anbieter. Während die Swisscom erklärt, damit gut leben zu können, kommt von der Konkurrenz deutliche Kritik. Orange will gar rechtliche Schritte prüfen.
Die ComCom hatte die Ausschreibung im November 2010 eröffnet, den ursprünglichen Zeitplan aber nach zahlreichen Fragen und Kritikpunkten der Telekomfirmen revidiert. Eigentlich hätte die grösste Umgestaltung des Schweizer Mobilfunknetzes seit vielen Jahren bereits vor den Sommerferien 2011 stattfinden sollen.
EINIGE ANPASSUNGEN
In einigen Punkten will die ComCom die Ausschreibung nun anpassen, wie sie am Dienstag mitteilte. Unter anderem gibt es mehr Zeit für allfällige Netzumstellungen und zusätzliche Bietbeschränkungen. Ausserdem müssen die Firmen nur noch Bankgarantien von 50% des Mindestgebots der beantragten Frequenzen beibringen, statt über den vollen Betrag.
Die Bewerbungsfrist läuft neu bis Ende September. Teilnehmen können die derzeitigen Konzessionäre Swisscom, Sunrise, Orange und In&Phone sowie neue Interessenten. Um Absprachen zwischen den Bietern zu verhindern, werden Bewerber, Gewinner, Frequenzausstattung und Zuschlagspreis erst nach Abschluss der Auktion bekanntgeben.
KEINE STAFFELUNG
Eine gestaffelte Vergabe der Frequenzen, wie sie von den kleineren Anbietern gefordert wurde, soll es aber nicht geben. Es würde die Komplexität und Unsicherheit für die Betreiber erhöhen, so die ComCom. Auch hätte es die Einführung der neuen Mobilfunktechnologie LTE verzögert und den Eintritt möglicher neuer Player im Markt erschwert.
Die Swisscom erklärte auf Anfrage von AWP, mit den veröffentlichten Punkten gut leben zu können, auch wenn die Details noch nicht bekannt seien. “Wichtig und gut ist, dass jetzt ein zeitlicher Fahrplan feststeht und damit der Netzausbau in der Schweiz weiter vorangetrieben werden kann”, sagte Unternehmenssprecher Carsten Roetz.
KRITIK AM VERFAHREN
Sunrise will die Auswirkungen auf die vorgesehenen Investitionen prüfen. Verschiedene Aspekte der geplanten Lizenzvergabe hätten angepasst werden müssen, um den nachhaltigen Wettbewerb zu fördern, erklärte die Nummer zwei am Mobilfunkmarkt. Das Unternehmen will sich nach eigenem Bekunden dafür einsetzen, dass die mehrheitlich im Bundesbesitz befindliche Swisscom nicht bevorteilt wird.
Deutlich fällt die Kritik von Orange aus. Das Unternehmen sei enttäuscht über den Entscheid der ComCom an der Gesamtvergabe der Mobilfunkfrequenzen festzuhalten. “Der Entscheid bringt trotz sechs Monaten Überarbeitungszeit sowie den Hearings mit den Anbietern nur geringe substanzielle Verbesserungen”, sagte Sprecherin Therese Wenger.
LTE hätte bei Bedarf auch vorgezogen werden können, und die hohen Mindestgebote und Zahlungskonditionen schwächten die Herausforderer massiv, so Orange. Eine Nichtteilnahme ist für das Unternehmen aber dennoch keine Option. “Wir werden die neuen Auktionsregeln nun im Detail studieren und sämtliche rechtlichen Möglichkeiten prüfen”, hiess es.
GESETZLICHE VORGABEN
ComCom-Chef Marc Furrer äusserte im Gespräch mit AWP Verständnis für die Bedenken. “Es ist eine finanzielle Belastung, die aber auch Mehrwert für die Unternehmen bringt”, sagte er. Furrer erinnerte an die Auktion der UMTS-Lizenzen im Jahr 2000, als statt der erwarteten Milliarde nur der Mindestbetrag von 205 Mio CHF erlöst wurde.
Damals habe die ComCom in der Kritik gestanden, die Mindestgebühren zu tief festgelegt zu haben, sagte er. Der aktuelle gesetzliche Rahmen gebe ausserdem vor, dass der Zuschlagspreis unmittelbar nach der Konzessionserteilung in einem Mal zu entrichten sei, so der ComCom-Chef weiter.
Die neue Auktion ist vor dem Hintergrund der stets steigenden Datenmengen im Mobilfunk von grosser Bedeutung. Gehen alle Frequenzblöcke zum Mindestpreis weg, kann die Bundeskasse über 600 Mio CHF einnehmen. Dabei dürften einzelne, gefragte Blöcke aber deutlich höhere Preise erzielen.
Die heutigen Mobilfunkkonzessionen laufen Ende 2013 beziehungsweise 2016 ab. Mit dem Abschalten des von Antennenmasten gesendeten analogen Fernsehens steht ein weiterer Frequenzbereich zur Verfügung, der für den Mobilfunk genutzt werden kann. Zudem steht die neue Mobilfunktechnologie LTE vor der Tür.
cc/ps

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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