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Chinas Staatschef: Dollar-Dominanz ‘Produkt der Vergangenheit’ (AF)

WASHINGTON (awp international) – Ein vom Dollar beherrschtes Weltwährungssystem hat nach Ansicht von Chinas Staats- und Parteichef Hu Jintao keine Zukunft. Die Dominanz der amerikanischen Währung sei ein “Produkt der Vergangenheit”, erklärte Hu in am Montag veröffentlichten Interviews mit der “Washington Post” und dem “Wall Street Journal” – kurz vor einem Gipfeltreffen mit Präsident Barack Obama am Mittwoch im Weissen Haus. Der chinesische Yuan stehe zugleich aber nicht an der Schwelle, neue Reservewährung zu werden. “Es braucht lange Zeit, bis die Währung eines Landes weltweit akzeptiert wird.”
Peking hat in jüngster Vergangenheit verschiedene Schritte unternommen, den Yuan zu internationalisieren. So öffnete China seinen Währungsraum für die Beschaffung von Kapital. Hu wies in dem Interview entsprechend auf die Bemühungen seines Landes hin, die Währung verstärkt für Handel und Investments zu verwenden.
Die USA messen dem Besuch des chinesischen Staatschefs grosse Bedeutung bei. In den Interviews sprach sich Hu für einen stärkeren Austausch zwischen den beiden grössten Wirtschaftsnationen aus. Es müsse mehr “gegenseitiges Vertrauen” erreicht werden. “Wir sollten die Nullsummen-Mentalität des Kalten Krieges hinter uns lassen.” Zugleich räumte er aber ein, dass es “einige Differenzen und empfindliche Probleme zwischen uns gibt”.
Hu zeigte in den Interviews keine Bewegung im Streit um die Bewertung der chinesischen Währung. Er wies jüngste Äusserungen von US-Finanzminister Timothy Geithner zurück, nach der ein stärkerer Yuan im eigenen Interesse Chinas sei, weil dadurch der Preisauftrieb eingedämmt werden könne. Der Staats- und Parteichef erklärte darauf, dass “Inflation kaum der Hauptgrund für die Bestimmung der Wechselkurspolitik sein kann”. Unter anderem die USA werfen Peking vor, den Yuan-Kurs künstlich niedrig zu halten, um sich auf diese Weise unfaire Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.
Hu erneuerte seinerseits indirekt die Kritik Chinas an der extrem lockeren Geldpolitik der US-Notenbank. Im November hatte die Federal Reserve angekündigt, für 600 Milliarden Dollar Staatsanleihen kaufen zu wollen, um dadurch langlaufende Zinsen zu senken und somit die Nachfrage anzukurblen. Die US-Geldpolitik habe “einen grossen Einfluss auf die globale Liquidität und Kapitalflüsse”, sagte der Staats- und Parteichef. “Deshalb sollte die Dollar-Liquidität auf einem vernünftigen und stabilen Niveau bleiben”, mahnte er./fb/DP/bgf

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