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Conti besorgt sich frisches Geld für Schuldenabbau – Kurs steigt (AF)

HANNOVER (awp international) – Die milliardenschwere Kapitalerhöhung beim Automobilzulieferer Continental ist überwiegend auf positive Resonanz gestossen. Kritische Stimmen monierten jedoch, die Konditionen für die schon seit Monaten angekündigte Kapitalerhöhung seien offenbar mit den Banken und dem Grossaktionär Schaeffler abgesprochen gewesen. Grossaktionärin Maria-Elisabeth Schaeffler erklärte am Donnerstag: “Wir begrüssen die erfolgreiche und schnelle Umsetzung der Kapitalerhöhung bei der Continental AG, die die Interessen aller Beteiligten gleichermassen berücksichtigt.” Damit seien die Weichen für die nächsten Schritte in eine erfolgreiche gemeinsame Zukunft beider Unternehmen gestellt.
An der Börse legten die Conti-Aktien kräftig zu. Im Vormittagshandel gewann das Papier in der Spitze fast 13 Prozent und markierte ein Tageshoch von 46 Euro. “Die Tatsache, dass die Kapitalerhöhung garantiert ist und ein ganzer Haufen der neuen Aktien schon platziert wurde, hilft der Conti-Aktie”, urteilte ein Börsianer. Durch die Kapitalerhöhung steige der Streubesitz auf knapp ein Viertel, sagte Tim Schuldt von Equinet. Schaeffler behalte aber weiterhin die Kontrolle über Conti. Markt-Stratege Heino Ruland von Ruland Research verwies auf die kleine Rally, die die Aktie in jüngster Zeit hingelegt habe. “Das riecht ein bisschen wie eine gewöhnliche Aktienkurs-Manipulation vor einer Kapitalerhöhung. Die ganze Transaktion ist voller Manipulationen, und wir halten uns daher fern von dieser Aktie.”
Der MDax -Konzern hatte am Vorabend eine bereits geplante Kapitalerhöhung beschlossen und will nun 31 Millionen neue Aktien zu je 35 Euro ausgeben. Damit soll ein Bruttoemissionserlös von 1,085 Milliarden Euro erzielt werden. Mit dem eingenommenen Geld will Conti Schulden aus der Übernahme von Siemens VDO abbauen. Die Abnahme der neuen Aktien wurde von einem Konsortium unter Führung von Deutscher Bank , Goldman Sachs und JP Morgan zugesagt. Den Angaben zufolge wurden bereits etwa 75 Prozent der Papiere bei institutionellen Investoren platziert. Altaktionäre sollen für je elf alte Aktien nun jeweils zwei neue Anteilsscheine erwerben können.
Die bisherigen Grossaktionäre werden sich nicht an der Kapitalerhöhung beteiligen. Schaeffler hält derzeit noch knapp die Hälfte der Conti-Aktien und hat Aktienpakete von jeweils 19,5 Prozent bei den beiden Privatbanken M.M. Warburg und Metzler geparkt. Das fränkische Familienunternehmen selbst ist wegen der Übernahme des weit grösseren Hannoveraner Autozulieferers mit mehr als zehn Milliarden Euro verschuldet. Dem Wälzlager-Hersteller hatte aber eine im Sommer mit den Kreditbanken erzielte Vereinbarung Luft verschafft.
Continental ist wegen der kreditfinanzierten Übernahme der früheren Siemens-Sparte VDO mit rund 9,5 Milliarden Euro verschuldet und muss im August 2010 eine Kredit-Tranche über 3,5 Milliarden Euro zurückzahlen. Bereits im Dezember hatten die kreditgebenden Banken dem Unternehmen eine sogenannte Forward Start Facility (FSF) über 2,5 Milliarden Euro zugesagt. Zusammen mit der Kapitalerhöhung sei nun die Rückzahlung der im August fälligen Tranche gesichert, hiess es Mittwochabend. 2012 wird aber eine weitere Kredit-Tranche über 5 Milliarden Euro fällig.
Im Streit mit dem neuen Grossaktionär Schaeffler war die gesamte Führungsriege bei Conti ausgetauscht worden. An der Konzernspitze steht seit Sommer der Schaeffler-Mann Elmar Degenhart. Chef des Aufsichtsrats wurde der Vorstandsvorsitzende des Gase-Spezialisten Linde, Wolfgang Reitzle, der sich als früherer Automobilmanager gut in der Branche auskennt./stw/ck/dct/wiz/tw

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