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DE/Bankenabgabe weiter umstritten – Rechtliche Bedenken

BERLIN (awp international) – Die Bankenabgabe zum Aufbau eines Krisenfonds sorgt vor der entscheidenden Abstimmung im Bundesrat an diesem Freitag weiter für Streit. Der Bund macht nach wie vor verfassungsrechtliche Bedenken gegen Vorgaben der Länder zur Zwangsabgabe der deutschen Kreditwirtschaft geltend. Aber auch aus den Ländern wurden am Donnerstag erneut Warnungen laut.
Umstritten ist zum einen ein Passus, wonach die Bankenabgabe nach dem durchschnittlichen Jahresergebnis der letzten fünf Jahre bemessen und dabei Verluste ignoriert werden sollen – also mit “null” bewertet werden sollen. Verfassungsrechtliche Bedenken auch aus den Ländern gibt es zudem bei der vom Bundesrat vorgesehenen Bagatellgrenze von 500 Millionen Euro bezogen auf die beitragspflichtigen Passiva, mit der kleinere Geldhäuser verschont werden sollen. Diese Kritik wird unter anderem auch von Hessen geteilt.
Mit der Bankenabgabe soll in den nächsten Jahren langfristig ein Krisenfonds aufgebaut werden. Das neue Auffangnetz zur Vorsorge gegen künftige Schieflagen soll am Ende etwa 70 Milliarden Euro umfassen. Den Grossteil der 2011 erstmals fälligen Abgabe von jährlich etwa einer Milliarde Euro dürften Privatbanken schultern.
Angesichts zunächst spärlicher Zahlungen etwa von Branchenprimus Deutsche Bank haben sich die Länder-Finanzminister auf teils schärfere Regeln verständigt. So soll die Zumutbarkeitsgrenze nach dem Willen der Länder von 15 auf 18 Prozent des abzuführenden Jahresergebnisses angehoben werden. Sie soll sich aber nach dem Durchschnitt der Ergebnisse der vergangenen fünf Jahre richten. Eine Nacherhebungspflicht würde so befristet.
Verlustjahre werden aber auf Null gesetzt, das Minus kann also nicht verrechnet werden. Gegen diese “Nullanrechnung” der Verluste haben das Bundesfinanz- und das Bundesjustizministerium verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet.
Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) weist diese zurück. “Die verfassungsrechtlichen Bedenken haben (…) aus meiner Sicht kein ausreichendes Gewicht”, heisst es in einem Brief Fahrenschons an Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der der Nachrichtenagentur dpa vorliegt und über den das “Handelsblatt” berichtet hat.
Es sei zudem zu bezweifeln, dass in jedem Fall mit einer gerichtlichen Überprüfung zu rechnen sei. Er werbe eindringlich dafür, die Nullanrechnung “ungeachtet eines immer bestehenden Restrisikos nicht mehr zu einem unüberbrückbaren Hindernis werden zu lassen”, so Fahrenschon. Nach einem von Hessen in Auftrag gegebenem Gutachten wäre die Null-Bewertung von Verlustjahren rechtlich zulässig, nicht aber die Bagatellgrenze von 500 Millionen Euro.
Hessens Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) erklärte: “Damit sehe ich meine Grundskepsis als bestätigt an.” Eine gemeinsame Position der Länder sei nur bei Verzicht auf die Bagatellgrenze möglich. Schäfer zeigte sich aber zuversichtlich, dass es eine Einigung auf den letzten Metern geben werde. Ein Problem ist, dass im eigentlichen Gesetz zur Bankenabgabe alle Kreditinstitute in der Pflicht sind, mit der Durchführungsverordnung aber kleine Banken verschont würden./sl/DP/fn

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