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Deutschlandgeschäft stärkt Telekom – Grossbritannien lastet auf Gewinn (2. AF)

(Ergänzt um Aussagen aus Pressekonferenz, Kursreaktion, Analysten)
BONN (awp international) – Ausgerechnet das Geschäft auf dem Heimatmarkt hat der Deutschen Telekom im zweiten Quartal den Rücken gestärkt. Nachdem das Deutschlandsegment – lange der Sorgenkind des Konzerns – in den vergangenen Jahren mit einem harten Sparkurs fit gemacht worden war, blieb der Umsatz nun stabil, der operative Gewinn stieg sogar. Einige Auslandsgesellschaften schwächelten hingegen ? vor allem in Osteuropa. Einen Lichtblick lieferte unterdessen das US-Geschäft. Dort sorgte ein kräftiger Anstieg der mit mobilem Internet erwirtschafteten Umsätze für eine erste Stabilisierung, Währungseffekte verhalfen zu einem Umsatzplus in Euro. Auf dem Konzernüberschuss lastete allerdings die Entkonsolidierung der britischen Tochter T-Mobile UK.
“Auf der Basis dieses guten ersten Halbjahres können wir die Planung für das Gesamtjahr noch einmal bestätigen”, gab sich Vorstandschef Rene Obermann am Donnerstag in Bonn zufrieden. An der Börse arbeitete sich die Aktie nach anfänglichen Verlusten am frühen Nachmittag ins Plus. Analysten hoben das Deutschlandgeschäft hervor, monierten aber die Entwicklung in Osteuropa und, dass sich die Telekom das Kundenwachstum in den USA erkauft hätte. Alles in allem überwiege aber das Positive, lautete das Urteil von Commerzbank-Analystin Heike Pauls.
ZAHL DER BÜNDELPRODUKTE IN DEUTSCHLAND ÜBERSCHAUBAR
Auf dem Heimatmarkt, wo die Telekom Anfang des Jahres Mobilfunk und Festnetzgeschäft zusammengelegt hat, konnte der Ex-Monopolist seinen Umsatz im zweiten Quartal stabil halten und den bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) um 2,4 Prozent steigern. Die Verluste bei den klassischen Festnetzanschlüsse wurden kleiner. Im Mobilfunk verlor die Telekom rund 1,6 Millionen Kunden. Grund hierfür war den Angaben zufolge vor allem die Ausbuchung inaktiver Prepaid-Karten. Zuletzt half die Exklusiv-Vermarktung des iPhone der Telekom neue Kunden zu gewinnen. Inzwischen haben aber auch andere Netzbetreiber einen Weg gefunden, ihren Kunden das iPhone anzubieten. Das neue iPhone 4 kam erst Ende Juni in den Handel. “Die Nachfrage ist derzeit so hoch, dass wir sie nicht befriedigen können”, betonte Obermann.
Die Zahl der Kunden, die für Bündelprodukte aus Mobilfunk und Festnetz gewonnen werden konnten, blieb im zweiten Quartal mit 100.000 überschaubar. Die Telekom verspricht sich viel vom Doppelverkauf, erst seit sie ihre Aktivitäten zusammengelegt hat, darf sie Kunden Angebote aus dem anderen Segment anbieten.
KEIN KUNDENZUWACHS AUF KOSTEN DER MARGE
In den USA konnte die Telekom mehr Smartphones verkaufen und so nicht nur die Zahl der lukrativen Vertragskunden, sondern auch die Datenumsätze steigern. Der Gesamtumsatz entwickelte sich auf Dollar-Basis stabil, in Euro legte er um 6,9 Prozent zu. Allerdings sank der operative Gewinn wegen hoher Kundengewinnungskosten auch in Euro um knapp fünf Prozent. Finanzchef Timotheus Höttges betonte, die Telekom wolle sich nicht auf Kosten der Marge Kundenwachstum erkaufen. Im zweiten Quartal sank die EBITDA-Marge aber um rund 3 Prozentpunkte.
“Wo wir Netz haben, werden unsere Produkte auch gekauft”, betonte Höttges. Die Telekom hat in den vergangenen Jahren ihr US-Mobilfunknetz ausgebaut und datentauglich gemacht, um zu den Wettbewerbern aufzuschliessen. Platzhirsche wie Verizon und AT&T sind aber schon wieder einen Schritt weiter und planen den Mobilfunkstandard der nächsten Generation (4G). Zu den Plänen der Telekom und möglichen Netz-Partnerschaften wollte Obermann aber nichts sagen. “Spekulationen werden wir nicht beflügeln.” Er könne sich aber nicht vorstellen, dass die Telekom erst in vier oder fünf Jahren mit der Aufrüstung auf den Mobilfunkstandard der nächsten Generation LTE (Long Term Evolution) beginne.
SPARKURS SOLL OSTEUROPA AUFPÄPPELN
Den Schwachpunkt in der Bilanz bildete das Europageschäft ? insbesondere in Osteuropa. Einen Dämpfer für die Gesamtjahresprognose sieht Finanzchef Höttges aber nicht. Die schwächere konjunkturelle Entwicklung sei bereits berücksichtigt worden. Die Auslandsgesellschaften stünden im Fokus des laufenden Sparprogramms. Im ersten Halbjahr hätten die Einsparungen 247 Millionen Euro betragen. Der Free Cashflow belief sich im ersten Halbjahr auf 2,9 Milliarden Euro ? damit ist die Hälfte des Jahresziels von 6,2 Milliarden Euro noch nicht ganz erreicht.
Die britischen Tochter T-Mobile UK, welche die Telekom in ein Joint Venture mit France Telecom eingebracht hatte, wird seit diesem Quartal aus den Konzernzahlen herausgerechnet. Aus diesem Grund fiel der Gewinnrückgang gegenüber dem Vorjahr besonders stark aus. So ging der bereinigte operative Gewinn (EBITDA) um 4,7 Prozent auf 5,0 Milliarden Euro zurück. Der Umsatz sank um 4,4 Prozent auf 15,5 Milliarden Euro. Ohne die Anpassung um T-Mobile UK wäre der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um 0,9 Prozent gestiegen, das EBITDA hingegen um 1,9 Prozent gesunken.
Unterm Strich verdiente die Telekom 475 Millionen Euro nach 521 Millionen Euro im Vorjahr. Hier wirkte sich die Entkonsolidierung der britischen Tochter besonders negativ aus. Den Effekt herausgerechnet hätte der Überschuss um 20,5 Prozent zugelegt und die Erwartungen der Analysten in etwa getroffen./ang/stk
— Von Annika Graf, dpa-AFX —

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