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ECONOMICS/Deutschland und Frankreich bei Tarifplus 2010 gleichauf

WIESBADEN (awp international) – Angestellte in Deutschland und Frankreich haben im vergangenen Jahr ähnliche Tarifsteigerungen erhalten. Sowohl hierzulande als auch beim Nachbarn im Westen stiegen die tariflichen Monatsverdienste in der Privatwirtschaft im Schnitt um 1,8 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden mitteilte. Frankreich ist Deutschlands wichtigster Handelspartner in der Europäischen Union.
Allerdings verteuerten sich die Preise in Frankreich stärker, was das Tarifplus relativiert: Mit einer Inflationsrate von 1,7 Prozent im Nachbarland zogen die Kosten für Dinge des täglichen Lebens 2010 stärker an als in Deutschland mit seinen eher niedrigen 1,2 Prozent. Länger zurückblickend liegt Deutschland hinter dem Nachbarland: Für die Jahre 2003 bis 2009 betrug die Lohnsteigerung in der deutschen tariflich gebundenen Privatwirtschaft durchschnittlich 2,2 Prozent. Frankreichs Arbeitnehmer kamen auf 2,7 Prozent.
Nach den Berechnungen schnitten die Arbeitnehmer in Deutschland am schlechtesten ab im Grundstücks- und Wohnungswesen sowie im Finanz- und Versicherungsgewerbe: Für beide Branchen gab es nur 1,4 Prozent. In Frankreich waren ausgerechnet in diesen Bereichen mit 2,1 und 2,0 Prozent Plus die höchsten Tarifzuwächse zu verzeichnen. In der Industrie lagen beide Länder mit jeweils 1,8 Prozent gleichauf. Ein Plus klar über dem Durchschnitt verbuchte das deutsche Baugewerbe (2,5 Prozent) – gegenüber 1,8 Prozent bei den Franzosen.
Grosse Unterschiede zeigen sich im Ländervergleich am unteren Ende der Tarifskala: Während Frankreich einen gesetzlichen Mindestlohn hat, gibt es diesen Minimumverdienst in Deutschland nur in einzelnen Branchen. In Frankreich liegt der Mindestlohn seit Anfang 2011 bei 9,00 Euro pro Stunde, was bei der dort geltenden 35-Stunden-Woche 1 365 Euro pro Monat entspricht. In Deutschland schwankt diese Art der Bezahlung aktuell zwischen 6,53 Euro (Objektschutz in den neuen Ländern mit Berlin sowie in den Ländern Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein) und 12,95 Euro (Baugewerbe, alte Bundesländer).
Vor wenigen Tagen hatte das Bundesamt eine ähnliche Statistik veröffentlicht. Aus ihr geht hervor, dass die Arbeitskosten in Deutschland 2010 deutlich geringer stiegen als im EU-Durchschnitt. Sie kletterten je geleistete Arbeitsstunde im Vergleich zum Vorjahr nur um 0,8 Prozent. In der EU insgesamt legten die Arbeitskosten dagegen um 1,8 Prozent zu. In Frankreich sogar um 3,2 Prozent./loh/DP/bgf

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