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Genolier klagt gegen Ex-Management – Generalversammlung verschoben (2. AF)

Lausanne (awp/sda) – Neue Episode im Machtgerangel um die Genolier-Privatkliniken: Der Verwaltungsrat der Westschweizer Spitalgruppe wirft dem früheren starken Mann Antoine Hubert Bestechung vor und reicht Strafanzeige gegen ihn ein. Als Grundlage dient dem Verwaltungsrat ein Bericht der Beratungs- und Prüfungsfirma PriceWaterhouseCoopers (PwC), in der schwere Vorwürfe gegen das frühere Management erhoben werden: Hubert habe über eine Firma in Grossbritannien ausländische Amtsträger bestochen, die den Genolier-Ärzten hochrangige Patienten vermittelt haben sollen.
Die Firma in Grossbritannien soll 3,3 Mio CHF an Rechnungen gestellt haben. Genolier vermutet in einer am Donnerstag verbreiteten Erklärung aufgrund des PwC-Berichts, es seien auch Vermittlungshonorare für Patienten bezahlt worden, die gar nicht über diese britische Firma in eine Genolier-Klinik gekommen waren.
Schon vor einigen Wochen hatte die Genolier-Führung Kritik an Hubert und seinen Geschäftsgepflogenheiten geübt. Auch dort ging es um Spesen und Honorare in Höhe von mehreren Hunderttausend Franken, die Hubert ausgegeben, aber nicht korrekt verbucht haben soll.
Der Genolier-Verwaltungsrat hat nun eine ausserordentliche Generalversammlung, die am kommenden Montag hätte stattfinden wollen, auf den 6. September verschoben. Hubert wollte die Versammlung als Bühne für seine Rückkehr an die Schalthebel der Macht in der Klinikgruppe nutzen.
Die Verschiebung sei notwendig, damit die Aktionäre auf einer vollständigeren Informationsbasis entscheiden könnten, sagte VR-Präsident Hans-Reinhart Zerkowski an einer Medienorientierung in Zürich. Über die voraussichtlichen Kosten des Rechtsstreits könne zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Angaben gemacht werden. Auch die Auslagen für den Revisionsbericht von PWC sowie den Bericht der Anwaltskanzlei könnten noch nicht beziffert werden.
Die operative Ebene sei durch die Querelen im administrativen und geschäftlichen Bereich nicht beeinträchtigt, so CEO Francois Brot. Im Monat Juni sei gegenüber dem Vorjahr kein Patientenrückgang zu beobachten gewesen und auch die Einkünfte würden sich “auf oder über” den Vorjahresmonaten bewegen.
Der angeschuldigte Hubert äusserte sich am Donnerstag lediglich zur Verschiebung der Generalversammlung, die er bedauert. Zu seinen angeblichen schwarzen Kassen sagte er nichts.
Die zwei Monate seit der Absetzung Huberts sind geprägt vom Kampf um Aktienpakete gewesen. Hubert erwarb bei Grossaktionär Jaime Rosell 600’000 Aktien, nachdem dieser bei seinem Rauswurf beteiligt gewesen war. Haupttreiber hinter Huberts Sturz war die US-Beteiligungsgesellschaft Lincoln Vale, die mit der Strategie bei Genolier nicht einverstanden gewesen war. In der Zwischenzeit hat sich Hubert aber mit Lincoln Vale versöhnt und eine Aktionärsgruppe gebildet, die nach Angaben der Beteiligten 30% des Privatklinik-Unternehmens kontrolliert.
Hubert hatte dem aktuellen Genolier-VR im Zuge der erbitterten Streitigkeiten vorgeworfen, seine Stimmrechte aus dem Aktienregister austragen zu wollen. Zudem fürchtet er offenbar, dass zum Beispiel mit einer Kapitalerhöhung seine Stimmkraft beschnitten werden könnte. Ein Gerichtsbeschluss, der die Möglichkeit der Kapitalbeschaffung und damit indirekt auch die Verwässerung von Huberts Aktienanteilen durch den Genolier-Verwaltungsrat einschränkte, ist inzwischen wieder aufgehoben worden. Hubert fordert weiter, dass Kapitalerhöhungen nur unter vollem Bezugsrecht für alle Aktionäre erfolgen dürften.
uh

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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