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Rom nimmt Dialog mit Levebvristen wieder auf

Priesterweihe in Ecône. Keystone

Papst Benedikt XVI. hat am Montag den Führer der erzkonservativen Bruderschaft von Bischof Lefebvre, die sich von der Kirche abgespalten hat, empfangen.

Die Papstaudienz gilt als neuer Versöhnungsversuch mit den Brüdern aus Ecône im Wallis. Sie lehnen die Reformen des II. Vatikanischen Konzils strikte ab.

Das Treffen von Benedikt XVI. und dem Generalsuperior der Lefebvre-Bruderschaft, Bernard Fellay, fand in der päpstlichen Sommerresidenz in Castel Gandolfo statt. Nach Angaben des Vatikans fand die Zusammenkunft in einem “Klima der Liebe zur Kirche” statt.

Eingeladen war auch Kardinal Dario Castrillón Hoyos. Er leitet die Abteilung im Vatikan, die sich um eine Wiedereingliederung der Lefebvristen in die katholische Kirche bemüht. Rom hatte die Stelle 1988 eingerichtet, nachdem der abtrünnige französische Bischof Marcel Lefebvre und seine Anhänger exkommuniziert worden waren.

Der Abfall vom offiziellen Weg

Der rebellische Bischof hatte Anfang der 1970er-Jahre die “Priester-Bruderschaft des Heiligen Pius X.” in Freiburg gegründet. Ein Jahr später richtete er in Ecône im Wallis ein Priesterseminar für die künftigen Mitglieder der Bruderschaft ein.

Die Gründung der Bruderschaft sei vor dem Hintergrund der “Wirren nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil” zu verstehen, sagt Jean-François Mayer, Religionswissenschafter und Lehrbeauftragter der Universität Freiburg, gegenüber swissinfo.

Die Brüder von Ecône lehnen die am Konzil beschlossenen Reformen strikte ab, wie beispielsweise die Modernisierung der Liturgie, die Abschaffung der lateinischen Messe, die Ökumene und den interreligiösen Dialog.

Günstiges Klima in Freiburg und im Wallis

Laut Mayer lancierte Bischof Lefebvre sein Projekt in Freiburg, weil es dort zum einen eine renommierte theologische Fakultät gibt. “Zum anderen hatte er dort wie auch im Wallis ein Umfeld gefunden, das für ihn günstig war”, erklärt Mayer.

Lefebvre habe die Bruderschaft schliesslich mit dem Einverständnis des damaligen Bischofs von Lausanne-Genf-Freiburg, François Charrière, eingerichtet. Das sei noch vor der Abspaltung von Rom gewesen, so Mayer.

Der Ton zwischen Ecône und Rom verschärfte sich aber schon im Laufe der 1970er-Jahre, als der fundamentalistische Erzbischof sich entschloss, nicht nur Priester auszubilden, sondern diese auch selbst zu weihen, wozu er keine Ermächtigung hatte.

Nachdem Lefebvre 1988 auch noch vier Bischöfen die Weihe gab – ein Privileg, das ausschliesslich dem Papst zusteht -, kam es zu einem so genannten Schisma, einer Kirchenspaltung. Lefebvre und die vier Bischöfe wurden exkommuniziert. Dabei blieb es auch, als der Erzbischof 1991 starb und der Walliser Bernard Fellay – einer der vier 1988 geweihten Bischöfe – seine Nachfolge antrat.

Gute Voraussetzungen

Die Aussichten auf eine Wiedereingliederung der Lefebvristen seien heute besser denn je, vermutet Jean-François Mayer. Seit den späten 1980er-Jahren habe sich ein kritischer Dialog um die Auswirkungen des II. Vatikanums entwickelt.

Laut Mayer hegen gewisse Würdenträger im Vatikan Sympathien für die Ecône-Brüderschaft. Sie hielten deren fundamentalistischen Ansatz nicht für illegitim. Diese Ansicht sei vor allem im Umfeld von Ex-Kardinal Joseph Ratzinger verbreitet. “Der Papst wird in traditionalistischen Kreisen sehr geschätzt.”

Ob dieser mehr Gehör für die Lefebvristen hat als sein Vorgänger Johannes Paul II., ist auch Mayer noch nicht klar. “Es kommt nicht allein auf Benedikt XVI. an, man muss auch die entsprechenden Bemühungen der Prälaten aus seinem Umfeld betrachten.”

Die Beilegung des Konflikst bleibe in jedem Fall schwierig, so Mayer. “Wenn die Bruderschaft des Heiligen Pius X. nur den modernen Ritus ablehnen würde, wäre alles einfacher.”

Die Lefebvristen kritisieren aber nicht nur die Reform der Liturgie, sondern lehnen auch die Ökumene ab. “Nun hatte sich Benedikt XVI. aber in seinen ersten Erklärungen als Papst für eine politische Ökumene und einen interreligiösen Dialog ausgesprochen”, sagt Mayer.

Das Treffen vom Montag dürfe deshalb nicht überbewertet werden. “Es handelt sich lediglich um eine erste Kontaktaufnahme. Ich wäre sehr überrascht, wenn es zu schnellen Entscheiden käme.”

swissinfo, Bernard Léchot
(Übertragung aus dem Französischen: Nicole Aeby)

Bernard Fellay, Generalsuperior der “Priester-Bruderschaft des Heiligen Pius X.”, wird am Montag von Papst Benedikt XVI. empfangen.

Die Bruderschaft war Anfang der 1970er-Jahre in Freiburg und in Ecône im Wallis vom französischen Erzbischof Marcel Lefebvre gegründet worden.

Nachdem Lefebvre 1988 vier Bischöfe weihte, kam es zum Bruch mit Rom.

Die Bruderschaft zählt laut Jean-François Mayer, Religionswissenschafter und Lehrbeauftragter der Universität Freiburg, mehr als 400 Priester und hat rund 160’000 Anhänger in der ganzen Welt.

Er stellt zudem fest, das sich die Bewegung in Ländern ausbreitet, in denen sie zuvor nicht präsent war, so in diversen afrikanischen, asiatischen und osteuropäischen Ländern, obwohl dort die Zentren der Bruderschaft oft nur schwach besucht seien, sagt Mayer.

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