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Die neue Informations-Plattform der Alpen

Im Zeitalter der Globalisierung wird der Informationsaustausch immer wichtiger. cipra.org

Das rätoromanische Radio und Fernsehen lanciert unter dem Namen Las-Alps-infoteca eine Informationsplattform der Alpen, eine Drehscheibe zur Vermittlung von Informationen über den Alpenraum – über die eigenen Landesgrenzen hinaus.

Die Alpen bestehen aus Bergen, Tälern, Wäldern, Weiden und Grenzübergängen. Vor allem aber bestehen sie aus Personen, die im Alpengebiet leben und arbeiten. Es handelt sich um zirka 13,5 Millionen Menschen, in denen sich eine über Tausende von Jahren gewachsene kulturelle Vielfalt widerspiegelt.

Im Rahmen der unterschiedlichen Sprachen und Traditionen hat sich auch eine Vielzahl journalistischer Initiativen entwickelt. Sie zeigen alle einen Unabhängigkeitsdrang und den Wunsch, in einer zunehmend globalisierten Welt die eigene Identität zu wahren.

Allein im Schweizer Alpengebiet herrscht eine grosse Vielfalt an publizistischen Produkten: Rund 100 Zeitungen, Dutzende von Zeitschriften und eine Reihe von Radio- und Fernsehkanälen.

Es handelt sich allerdings fast immer nur um lokale Publikationen, deren Reichweite sehr beschränkt ist. Es ist daher kaum möglich, eine Gesamtschau auf die Publikationen im Alpenraum zu haben, der von der ligurischen Küste in Italien bis nach Ungarn reicht.

Diese Lücke will das rätoromanische Radio und Fernsehen (RTR) nun schliessen, indem es eine Drehscheibe für Informationen aus den Alpen und über die Alpen sowohl inhaltlich wie auch organisatorisch lanciert. Die Themenvielfalt ist gross und reicht von Politik und Kultur über Architektur bis zur Wasserkraftnutzung.

Rätoromanen – im Herzen Europas

«Das Projekt Las-Alps-infoteca gibt uns die Chance, die rätoromanische Schweiz und ihren Mehrwert mitsamt den journalistischen Kompetenzen bekannt zu machen. Die Rätoromanen haben das Glück, sich im Herzen der Alpen zu befinden. Wir stellen hier eine Art Kreuzungspunkt verschiedener Sprachen dar. Dies stärkt unsere Position», sagt der Projektmanager Ruedi Bruderer gegenüber swissinfo.ch.

Las-Alps-infoteca wird die Aufgabe haben, die unterschiedlichen Medien im Alpenraum untereinander zu vernetzen und Informationen über die Bevölkerung des Alpenraums auszutauschen. Zur Zeit gibt es keinerlei grenzüberschreitende Vernetzung zwischen den vielen medialen Initiativen.

Doch Schweizer Themen wie der Rückgang der Gletscher, das Schicksal des aus Italien ins Engadin eingewanderten Bären oder die Hochzeit von Boris Becker in St.Moritz interessieren durchaus das restliche Europa.

«Die Alpen bilden einen gigantischen Erholungsraum; hier finden sich die Quellen für die europäischen Flüsse und die grossen transeuropäischen Verkehrsachsen. Ereignisse aus Cortina d’Ampezzo, Grenoble und Udine stossen auf dem ganzen Kontinent auf Interesse», hält Bruderer fest.

Die Zukunft in die Hand nehmen

«Unser TV-Sender hat in den letzten Jahren Dutzende von Filmen über Minderheiten in Europa produziert. Wir haben festgestellt, dass es viele Gemeinsamkeiten gibt. Und doch wissen wir beispielsweise sehr wenig über die Walser von Gressenoy oder die Zimbern bei Trento», sagt Bruderer.

Wie andere kleine Sprachgemeinschaften erleben die Rätoromanen eine Rückentwicklung ihres Territoriums. Mit der Initiative Las-Alps-infoteca wollen sie sich öffnen und die eigene Zukunft in die Hand nehmen.

Das «Haus der Medien» des Rätoromanischen Radios und Fernsehens RTR in Chur soll daher zu einem Kompetenzzentrum für die Medien in den Alpen werden.

Ein langer Weg mit Hindernissen

Bevor ein entsprechendes Projekt operativ werden kann, muss eine Arbeitsgruppe in den Jahren 2011 und 2012 die Projektentwicklung in die Hand nehmen, die Organisationsform erarbeiten und Finanzierungsmöglichkeiten eruieren. Denn die angestrebte Informationsplattform kann auf keinen Fall durch die öffentlichen Radio- und Fernsehgebühren bestritten werden. Gesonderte Geldquellen müssen angezapft werden.

Erst im Jahr 2013 kann die Datenbank als Informationsdrehscheibe und Anlaufstelle für Angebote und Nachfragen journalistischer Dienstleistungen fungieren. Die Plattform wird Artikel, Fotos, Videos und Audiodateien in verschiedenen Sprachen des Alpenraums zu Verfügung stellen – Französisch, Italienisch, Deutsch, Slowenisch, Rätoromanisch, Ladinisch, Zimbrisch.

Die Infothek soll teilweise öffentlich und gratis zugänglich sein. Ein anderer Teil wird professionellen Nutzern nur gegen Bezahlung offen stehen. «Erst in einer zweiten Phase ab 2016 soll Las-Alps-infoteca auch eigene journalistische Inhalte produzieren. Das ist jetzt wirklich noch Zukunftsmusik», sagt Bruderer.

Im Moment gibt es eigentlich nur eine Gewissheit: Am Freitag und Samstag, 12. und 13. November, wird das Projekt Las-Alps-infoteca im Rahmen einer Tagung in Chur offiziell lanciert. Dutzende von Persönlichkeiten aus dem ganzen Alpenraum, Vertreter aus dem Bereich Medien, Verwaltung, Politik, Wirtschaft sowie von NGO’s, werden daran teilnehmen.

«Wir wollen das Interesse für das Projekt Las-Alps-infoteca wecken und aufzeigen, dass ein solches Kompetenzzentrum in Chur einen Mehrwert für die Medien des ganzen Alpenbogens darstellen würde», schliesst Bruderer.

Am 12. und 13. November findet in Chur (Graubünden) eine Tagung für ein Medienhaus der
Alpen und das Projekt Las-Alps-infoteca statt.

Zirka 70 bis 90 Personen aus dem ganzen Alpenraum, VertreterInnen aus dem Bereich Medien,
Verwaltung, Politik, Wirtschaft sowie von NGO’s, werden über die Notwendigkeit und die Machbarkeit eines solchen Projektes diskutieren.

Die Initiative ging vom Rätoromanischen Radio und Fernsehen RTR aus.

Die Radio e Televisiun Rumantscha (RTR), mit Sitz in der Bündnerischen Hauptstadt Chur, erbringt als einziges Unternehmen für elektronische Medien den Service public für die rätoromanische Schweiz, eine der vier Sprachregionen der Schweiz.

Die RTR wurde 1925 gegründet und beschäftigt heute zirka 160 Personen.

Das Jahresbudget beträgt 22,5 Millionen Franken. Dies entspricht 1,5 Prozent des Gesamtbudgets von SRG SSR idée suisse.
Seit 1938 ist das Rätoromanische als Landessprache und seit 1996 als Teilamtssprache des Bundes anerkannt.

Heute verstehen in der Schweiz über 100’000 Personen Rätoromanisch, 75’000 sprechen diese Sprache regelmässig, und für rund 40’000 ist es die Hauptsprache.

(Übertragung aus dem Italienischen: Gerhard Lob)

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