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Israelischer Staatskontrolleur wirft Netanjahu Verschwendung vor

(Keystone-SDA) 117’000 Franken für Lebensmittel und Empfänge, 17’000 Franken für Fast Food – das sollen Netanjahu und seine Frau jährlich ausgegeben haben. Staatskontrolleur Joseph Schapira rügt Verschwendung. Für Netanjahu kommen die Vorwürfe zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt.

In einem am Dienstag veröffentlichten Bericht kritisiert der israelische Staatskontrolleur Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und dessen Frau wegen der Verschwendung öffentlicher Gelder scharf. Er wirft ihnen vor, grundlegende Standards der Angemessenheit und Sparsamkeit verletzt zu haben.

In seinem Papier listet Schapira zahlreiche Ausgaben auf, die seit Netanjahus Amtsantritt im März 2009 deutlich gestiegen sind. Noch im Jahr 2009 lagen die jährlichen Kosten für Lebensmittel und Empfänge beispielsweise bei 211’000 Schekel (etwa 50’000 Franken.

Zwei Jahre später hatte sich dieser Posten mehr als verdoppelt: 2011 fielen hier 490’000 Schekel an (rund 117’000 Franken). Erst als im Jahr 2013 kritische Berichte über Netanjahus hohe Lebenserhaltungskosten auftauchten, sanken die Ausgaben sprunghaft.

Obwohl der Familie eine Köchin gestellt wird, waren im Jahr 2010 mehr als 70’000 Schekel (17’000 Franken) für Fast Food angefallen. Reinigungs- und Wasserkosten waren dem Staatskontrolleur zufolge ebenfalls überzogen.

Auch hätten Mitarbeiter des Ministerpräsidentenbüros Ausgaben aus eigener Tasche bezahlt und nicht erstattet bekommen. Schapira kommt zu dem Schluss: “Dieses Verhalten des Ministerpräsidentenbüros ist nicht korrekt.”

Schatten über Wahlkampf

Für Netanjahu kommt der Bericht zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt: In einem Monat wird in Israel eine neue Knesset gewählt. Netanjahu hofft auf eine Wiederwahl als Ministerpräsident. Doch Berichte über seinen angeblich ausladenden Lebensstil überschatten seinen Wahlkampf.

Erst vor wenigen Wochen war bekannt geworden, dass seine Frau Sara Netanjahu jahrelang Flaschenpfand eingesteckt haben soll, anstatt es an den Staat zurückzuzahlen. Schapira hat diesen Zwischenfall nicht explizit untersucht, äussert in seinem Bericht jedoch die Sorge, dass es ein “kriminelles Vergehen” geben könnte.

Israels Generalstaatsanwalt Jehuda Weinstein wägt derzeit ab, ob er zu diesen Vorwürfen eine Untersuchung einleiten soll. Die Opposition hatte Netanjahu mehrfach Verschwendung vorgeworfen. Sie warf Netanjahu ausserdem vor, auf Staatskosten monatlich das Durchschnittsgehalt eines Arbeiters in Israel zu vertrinken.

Auf den Bericht reagierte die Opposition denn auch erwartungsgemäss: Die Vorsitzende der linksliberalen Merez-Partei, Sahava Galon, sagte, das Verhalten Netanjahus erinnere sie an eine “Bananenrepublik”. Die Zukunftspartei von Jair Lapid nannte Netanjahu in einer Mitteilung einen “abgekoppelten Mann, für den die echten Probleme der echten Israelis an letzter Stelle stehen”.

Netanjahus Likud-Partei kritisierte im Gegenzug eine “Medienkampagne”, die Netanjahu entmachten solle. Die Zahlen in dem Bericht seien in keinen Zusammenhang gestellt und so für den Leser nicht vergleichbar, hiess es in einer Mitteilung.

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