Kesb-Akten in der Pöschwies: Keine Beteiligung an Strafverfahren
(Keystone-SDA) Personen, die in den 30’000 Entscheiden aufgeführt werden, welche die Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde der Stadt Zürich (Kesb) im Gefängnis Pöschwies zu Büchern binden liess, können sich nicht am Strafverfahren beteiligen. Dies hat das Bundesgericht entschieden.
Aus dem am Donnerstag publizierten Entscheid des Bundesgerichts geht hervor, dass zwischen 45’000 und 60’000 Personen in den Kesb-Akten aufgeführt sind. Der Vater von in den Unterlagen genannten Kindern wollte sich im Strafverfahren wegen Amtsgeheimnisverletzung als Privatkläger konstituieren.
Er fühlte sich in seinen Rechten verletzt, weil durch die Übergabe der Unterlagen an die Pöschwies und die dortigen Insassen Unberechtigte Einblick in sehr sensible Daten erlangen konnten.
Das Bundesgericht ist nun zum Schluss gelangt, dass sich die in den Akten aufgeführten Personen und somit auch der Vater nicht als Privatkläger am Strafverfahren beteiligen können.
Kaum Einblickmöglichkeiten
Das Gericht begründet seinen Entscheid damit, dass das Geheimhaltungsinteresse tatsächlich hätte verletzt werden müssen oder die zumindest sehr wahrscheinlich hätte sein müssen, damit der Mann in seinen Rechten geschädigt worden wäre. Diese Bedingungen seien jedoch nicht erfüllt.
Gemäss Urteil waren die Kesb-Entscheide sortiert angeliefert worden und konnten somit sofort zu Büchern gebunden werden. Jeweils ein Gefangener sei mit dem Binden beschäftigt gewesen, und zwar unter Aufsicht eines Beamten. Aufgrund der Umstände geht das Bundesgericht nicht davon aus, dass die Daten des Mannes und seiner Familie unberechtigten Dritten zur Kenntnis gelangten.
Unmögliches Verfahren
Die Lausanner Richter erläutern in ihrem Urteil kurz, was die Folge wäre, wenn anders entschieden würde. Dann hätten alle in den Akten Aufgeführten die Möglichkeit, ihre Teilnahmerechte im Strafverfahren geltend zu machen. Damit würde ein Verfahren praktisch verunmöglicht, besonders unter dem Blickwinkel des Beschleunigungsgebots.
Im Oktober 2016 informierte ein Pöschwies-Insasse einen privaten Fernsehsender darüber, was für Unterlagen in der Justizvollzugsanstalt gebunden würden. Das kantonale Amt für Justizvollzug bestätigte die Sache und räumte ein, dass ein Fehler passiert sei.
Gut ein Dutzend Betroffene forderten eine Strafuntersuchung. Das Obergericht erteilte die Ermächtigung zur Durchführung einer Strafuntersuchung gegen Staatsangestellte. (Urteil 1B_29/2018 vom 24.08.2018)