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Filmfestival Freiburg öffnet Fenster zur Welt

Szenenbild aus dem iranischen Film "Gilaneh", der in Freiburg in einem Spezialprogramm läuft. Festival Fribourg

Filme aus Iran und den Philippinen bilden Schwerpunkte am Internationalen Filmfestival Freiburg, das bereits zum 20. Mal stattfindet.

Die Schweiz mit ihrer kulturellen Offenheit sei ein idealer Ort für die Filme des Südens, sagte der künstlerische Leiter Martial Knaebel.

Filme aus Singapur, den Philippinen, Kambodscha, Burkina Faso und Kolumbien – das sieht man in Europa nicht alle Tage. Dass das Kino der Länder des Südens aber auch in unseren Breitengraden zunehmend Aufmerksamkeit findet, verdankt es nicht zuletzt dem Internationalen Filmfestival Freiburg, das am Sonntag wieder seine Pforten öffnete.

Und das Interesse wächst kontinuierlich, wie der künstlerische Leiter Martial Knaebel sagt: “Inzwischen hat sich das Publikum schon etwas an andere Welten und Ästhetiken gewöhnt, deshalb dürfen wir uns jetzt öfter erlauben, auch Filme ans Festival einzuladen, die mit ihrer Ästhetik verstören.”

Digitalfilme sprengen Grenzen

So finden sich im Schwerpunkt des philippinischen Digitalkinos zwei Filme, die zumindest zeitlich jeden Rahmen sprengen: Der achtstündige Wettbewerbsfilm “Heremias” von Lav Diaz und ein weiterer, fast elfstündiger Film desselben Regisseurs.

“Die Philippinen waren früher mit bis zu 300 Filmen pro Jahr ein äusserst produktives Kinoland”, weiss Knaebel, doch sei mit dem Aufkommen von Kabel- und Satelliten-Fernsehen das Interesse am einheimischen Filmschaffen dramatisch zurückgegangen.

Mit dem Digitalfilm, der den Cineasten eine grössere ästhetische wie finanzielle Freiheit verschafft, habe nun ein wahrer Boom eingesetzt. “Die philippinischen Filme, die in Freiburg zu sehen sind, vermitteln ein neues Bild dieses Landes und seiner künstlerischen Produktion”, verspricht Knaebel.

Der iranische Film zieht in den Krieg

Einen weiteren Schwerpunkt des Festivals bildet der iranische Kriegsfilm, der sich auf den von 1980 bis 1988 dauernden Krieg zwischen Iran und dem Irak bezieht.

Diese im Ausland kaum bekannten Filme liessen sich anfangs stark von westlicher Filmästhetik beeinflussen, fanden dann aber zunehmend eigene Ausdrucksformen. Sie zeigen nicht zuletzt auch den Konflikt des Kriegsfilms im Spannungsfeld von Zensur und Instrumentalisierung durch die Machthaber.

Zu sehen sind einerseits drastische Frontfilme, aber auch die Kriegskomödie “Leili ba man ast” von 1996, eine scharfe Abrechnung mit dem Krieg und den Kriegsprofiteuren, die in Iran zu einem kommerziellen Riesenhit wurde.

Aufwühlende Gesellschaftskritik

Unter den Wettbewerbsfilmen sticht der Spielfilm “Dunia” der in Paris lebenden libanesischen Regisseurin Jocelyne Saab heraus. Die ägyptische Zensurbehörde verweigerte dem Filmprojekt vorerst die Drehgenehmigung, mit dem Vorwurf, der Film sei antiislamisch und pornografisch.

Der Film über eine junge ägyptische Bauchtänzerin thematisiert das sexuelle Selbstbestimmungsrecht von Frauen und hält mit seiner impliziten Gesellschaftskritik dem arabischen Publikum einen verstörenden Spiegel vor.

Kultureller Reichtum der Schweiz

Dass so kritische, innovative und überraschende Filme aus Asien, Afrika und Lateinamerika gerade in der Schweiz von Jahr zu Jahr ein grösseres Publikum finden, ist für den künstlerischen Direktor des Internationalen Filmfestivals Freiburg keine Überraschung.

Der aus dem Elsass stammende Knaebel hält grosse Stücke auf die kulturelle Vielfalt der Schweiz: “Das Zusammenleben von verschiedenen Sprach- und Kulturregionen und ihre Verbindungen zu Deutschland, Frankreich und Italien führt zu einer grossen Offenheit des Publikums gegenüber anderen Kulturen.”

swissinfo, Susanne Schanda

Das 20. Internationale Filmfestival Freiburg dauert vom 12. bis 19. März 2006.
Es präsentiert Filme aus Asien, Afrika und Lateinamerika.
Am Wettbewerb um den “Regard d’Or” und weitere Preisen beteiligen sich 10 Spiel- und 9 Dokumentarfilme.
Zusammen mit den Spezialprogrammen sind gegen 100 Filme zu sehen.
Erstmals werden alle Wettbewerbsfilme auch deutsch untertitelt.

Das Festivalbudget beträgt dieses Jahr 1,5 Mio. Franken und wird weitgehend von der öffentlichen Hand bestritten.
Zu den wichtigsten Sponsoren gehören die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), das Bundesamt für Kultur (BAK), die “Loterie Romande”, der Kanton und die Stadt Freiburg.

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