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Medienwerkstatt für Diplomaten

Diplomaten suchen nach möglichen Themen für einen Zeitungsartikel. swissinfo.ch

Diplomaten sind gewichtige Leute - eine Art Promotoren für ihr Land. Immer wieder kommen sie auch mit den Medien in Kontakt. Und dieser Umgang will gelernt sein.

In einem Medienseminar bei Murten üben 20 Diplomatinnen und Diplomaten den Ernstfall.

3 Frauen und 17 Männer des schweizerischen Diplomaten-Korps schwitzen über ihren Unterlagen im Ausbildungsraum, vor der Kamera im Garten, vor dem Fernseher.

Es ist heiss, überdurchschnittlich heiss sogar für Mitte Juni. Dazu kommt noch das Lampenfieber. Die Damen und Herren Diplomaten lernen in einem dreitägigen Medien-Training, wie eine Kernaussage in einem Fernseh-Interview am besten rüberkommt, wie man ein kurzes, «tagesschaureifes» Statement formuliert und wie man sich kleidet oder eben nicht.

«Gestern hattest du noch ein verkrampftes Lächeln. Heute nun wirkst du total seriös», sagt Dominique Petter, Botschaftsrätin in Bukarest, zu ihrem Kollegen Lukas Beglinger, der bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Paris tätig ist.

«Metaphern verwenden ist gut, aber bitte keine falschen Bilder», mahnt Nadine Hostettler vom Schweizer Fernsehen ihre ‹Schützlinge›. Und freundlich dreinschauen sei extrem wichtig. Ebenso die Auswahl des Ortes für ein Interview, der Background.

Ideales Ambiente

In Sachen Background oder Kulisse des Medien-Seminars können sich die Vertreter der Eidgenossenschaft, die aus Berlin, Kuala Lumpur, Manila, Kinshasa oder Washington hergereist sind, nicht beklagen.

Das Schloss Münchenwiler bei Murten, wo die Veranstaltung stattfindet, liegt in einem riesigen Park mit wunderschönem Baumbestand und grossem Teich. Ein Ort zum Verweilen, zum Plaudern und Diskutieren, zum Üben und Arbeiten.

Diplomaten und Diplomatinnen (in Spitzenpositionen selten anzutreffen) haben eine breite Allgemeinbildung, sind zwar sprach- und weltgewandt. Der Kontakt mit den Medien, der immer wichtiger wird, muss aber geübt werden.



«Wir wollen, dass unsere Diplomaten in Kontakt kommen mit der Medienwelt», sagt Livio Zanolari, Sprecher im Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und Initiator dieser Medienschulung.

«Wir nehmen Interviews auf, wir visionieren sie, wir kommentieren und kritisieren.» Damit lerne der Diplomat, sein Verhalten gegenüber den Medien besser zu beherrschen. Er müsse auch seine Rechte gegenüber den Medien kennen, betont Zanolari im Gespräch mit swissinfo.

Ein Must in der Diplomaten-Karriere

Für die Missionschefs, die Botschafter und deren Stellvertreter, die einen regelmässigen Kontakt zu den Medien pflegten, seien diese Medien-Seminarien praktisch ein «Must», so Zanolari.

Auch für Botschaftsrätin Dominique Petter ist es so, dass die Kommunikation in der Diplomatie der Aussenpolitik immer wichtiger wird. Sie habe schon einiges gelernt.

«Hart ist nicht, dass die anderen zuschauen, sondern dass man sich selber sieht. Man sieht am Fernsehen ganz anders aus, als man meint.»



Auch Carlos Orga, der das Länderprogramm für Präsenz Schweiz an der Botschaft in Washington betreut, wollte schon lange die Erfahrung machen, wie man wirkt, wenn man vor der Kamera steht.

«Zudem ist es eine Gelegenheit, alte Kollegen und Kolleginen zu treffen, die man lange nicht mehr gesehen hat.»

Der Ernstfall

Es ist noch immer heiss, die «Schülerinnen und Schüler» sind erschöpft, ihre Konzentration lässt etwas nach. Als es daran geht, Themen für ihre Artikel in der «Berner Zeitung» zu finden, werden sie wieder munter.

Wie wärs mit einem Leitartikel darüber, ob die klassische Diplomatie überholt ist? Oder einem Porträt mit dem Titel: «Was macht ein Botschafter eigentlich den ganzen Tag lang?» Oder mit einem Bericht über die Rolle der Schweiz auf dem öffentlichen Parkett?

Wichtig ist aber nicht nur, über welches Thema in welcher Form geschrieben wird, sondern wer mit wem zusammenarbeitet. Da fühlt man sich als Beobachterin zurückversetzt in die eigene Schulzeit. «Hey, Anna, arbeitest du mit mir zusammen?» «Housi, sitzt du neben mich?»

Auf einer Doppelseite der BZ werden die 10 Artikel der 20 Diplomatinnen und Diplomaten veröffentlicht. Der Platz sei beschränkt, erklärt BZ-Inlandchef David Sieber. «Denken Sie daran: Journalismus ist auch die Kunst des Weglassens!»

swissinfo, Gaby Ochsenbein

Das schweizerische Korps zählt rund 400 Diplomaten.

17 Diplomaten und 3 Diplomatinnen nahmen am Medienseminar teil.

Angemeldet hatten sich 60 Diplomaten.

Das Medientraining fand in dieser Form zum vierten Mal statt.

In Zusammenarbeit mit der «Berner Zeitung» werden verschiedene Artikel verfasst.

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