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Frischer Wind für Schweizer Diplomatie

Die Botschafter-Konferenz ging mit einem Besuch der Expo.02 zu Ende. Keystone Archive

Die diesjährige Botschafter-Konferenz war geprägt von Gesprächen über Imageprobleme und notwendige Umstrukturierungen.

Künftig wird es wohl weltweit weniger Botschaften geben, die Karrierenleiter soll flexibler gehandhabt werden.

Am Freitag ging die diesjährige Botschafter-Konferenz mit einem Expo-Besuch zu Ende. Trotz des schönen Wetters waren die Gespräche nicht bloss heiter: In der Schweizer Diplomatie gibt es Handlungsbedarf.

«Die Frage unseres Images kam in all den Treffen und Gesprächen immer wieder auf», sagte Georges Martin, Leiter des Zentrums für Analyse und Prospektive Studien im Aussenministerium (EDA).

Der Ruf der Schweizer Diplomaten hatte in letzter Zeit wegen der Affäre um den Ex-Botschafter Borer in Deutschland und vor allem wegen dem mutmasslichen Geldwäscher Peter Friederich gelitten.

«Die Mehrheit von uns sind ehrliche Leute, was auch wieder einmal gesagt werden muss», erklärte Martin. Die Schweizer Diplomaten seien durch den Fall des Ex-Botschafters Friederich von Luxemburg geschockt worden.

Wohl Vertretungen schliessen

Aussenminister Joseph Deiss hatte es bereits Anfang Woche angetönt, am Freitag doppelte dann die Geschäftsprüfungs-Kommission (GPK) des Nationalrates nach: Sie hat dem Aussenministerium einen einstimmig verabschiedeten Bericht mit Reformvorschlägen präsentiert.

Die GPK empfielt, die vorhandenen Mittel auf weniger Standorte zu konzentrieren. So könnten Wanderbotschafter eingesetzt werden, die von Bern aus gewisse Ländergruppen abdeckten.

Mehr Koordination

«Wichtig ist, dass die Schweiz im Ausland mit einer Stimme spricht», fügte Nationalrat Alexander Tschäppät, Leiter der zuständige Subkommission an.

Man habe insbesondere zwischen den diplomatischen Vertretungen einerseits und den Dienststellen der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) andererseits Koordinationsprobleme ausgemacht.

Bessere Auswahl der Diplomaten

Verbesserungs-Möglichkeiten sieht die GPK auch im Karriere-System: Die heutige Vorgehensweise und die damit verbundene abgeschottete Geisteshaltung bevorzuge Konformisten, sagte Tschäppät.

Das System sowie die Zulassung zum diplomatischen Dienst müssten offener und flexibler werden. Die Ernennung zum Chef einer Vertretung sollte nicht als Belohnung für eine tadellose Laufbahn erfolgen, sondern auf Grund der Anforderungen des Postens und der Qualifikation der Kandidaten.

Die GPK schlägt dem EDA zudem vor, den Botschaftertitel nur für die Dauer der Ausübung der Funktion eines Missionschefs zu verleihen.

Frauen fördern

Tschäppät wies auch darauf hin, dass nur sieben der insgesamt 93 Botschaften und Generalkonsulate von einer Frau geleitet würden.

Hier habe das Aussenministerium den Handlungsbedarf bereits erkannt.

Deiss offen für Reformen…

Im Bericht kommt die GPK zum Schluss, dass der diplomatische Dienst einer grundlegenden Reform unterzogen werden sollte.

«Das ist keine Kritik am Departements-Vorsteher, sondern vielmehr an dem seit Jahren starren System», sagte GPK-Präsidentin Brigitta Gadient. Bundesrat Joseph Deiss habe den Bericht denn auch als ausgewogene Arbeit beurteilt.

…auch die Betroffenen sind mehrheitlich zufrieden

Offiziell wurden die Vorschläge an der Botschafter-Konferenz nicht besprochen. Die meisten Massnahmen aber «stellen uns zufrieden», sagte Georges Martin.

Laut Martin ist die Diplomatie «komplex» geworden und deshalb seien gut ausgebildete Spezialisten nötig. Die Funktion der Diplomaten werde allerdings trotz der zunehmenden Globalisierung nicht in Frage gestellt.

swissinfo und Agenturen

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