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Wird Bundesrat «Federal Executive Committee»?

Das Bundesamt für Polizei nennt sich neudeutsch "fedpol". fedpol.ch

Immer häufiger geben sich Bundesämter und bundesnahe Firmen englisch klingende Namen wie Fedpol, RailCity, Postshop oder Directories.

Nun formt sich Widerstand gegen das Verwaltungs-Englisch, vor allem in der Westschweiz.

Kennen Sie «Swissmint»? Nein, das ist nicht die neuste Pfefferminz-Kautablette aus der Schweiz. «Swissmint» nennt sich heute die offizielle Münzstätte der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Doch nur bei wenigen fällt beim neuen Namen der «Groschen».

Englisch tönt «cooler»

Wer versteht beispielsweise, für was das «Railaway-Ticket» der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) steht. Oder warum eine Telefonnummer nicht mehr im Telefonbuch, sondern im «Directories» zu finden ist. Und unsere Fussballer spielen nicht mehr in der Nationalliga A oder B, sondern in der «Super League» und der «Challenge League».

Der sozialdemokratische Nationalrat Didier Berberat hat noch mehr Beispiele aus der Verwaltung: «Beim Durchblättern des Staatskalenders oder beim Durchklicken der Internetseiten des Bundes stösst man allenthalben auf Abteilungen oder Sektionen mit den Bezeichnungen ‹budgeting›, ‹reporting›, ‹controlling›. Von den ‹Newsletters› und den ‹Task Forces› ganz zu schweigen», schreibt er.

Weil sich englische Ausdrücke vermehren wie Kaninchen, sehen nun Politiker und Interessengruppen das kulturelle Erbe der Schweiz gefährdet: Die Landessprachen mit ihren Eigenheiten und ihrem Reichtum. «Unsere Kultur ist zu reich, um ignoriert zu werden», sagt Berberat gegenüber swissinfo.

«Der neue Name des Bundesamts für Polizei, ‹Fedpol› ist nur ein Schritt vom ‹Federal Bureau of Investigation› (F.B.I.) weg», so Berberat.

«Challenge» für den Bundesrat

Daher fordert er – unterstützt von 80 weiteren Parlamentarierinnen und Parlamentariern – den Bundesrat auf, zu handeln: Die Regierung soll Massnahmen ergreifen, um dem Gebrauch des Englischen in der Verwaltung und in vom Bund kontrollierten Unternehmen (z.B. Post, Swisscom, SBB) einzudämmen.

Berberat weist dabei auf die Beispiele von Frankreich oder der französischsprachigen kanadischen Provinz Québec hin, die eine Anglisierung ihrer Landessprachen durch entsprechende Massnahmen verhindert haben.

«Breite Teile der Bevölkerung verstehen aus verschiedenen Gründen wie Alter, Herkunft oder Ausbildung die meisten der verwendeten Ausdrücke nicht», so Berberat.

Der immer häufigere Gebrauch dieser so genannten «Anglizismen» würde schliesslich dem Geist der Verfassung und dem nationalen Zusammenhalt widersprechen. Nur mit einer klaren Linie könne der Bundesrat beispielsweise verhindern, dass er selber nicht demnächst zum «Federal Executive Committee» avanciere.

Der Bundesrat hat sich bereit erklärt, das Postulat entgegenzunehmen und zu prüfen.

«Activity» auch im Welschland

Doch nicht nur im Bundeshaus wird man nun aktiv. In der Westschweiz wurde ein neuer Verein gegen englische Ausdrücke oder «anglifizierte» Wortschöpfungen gegründet (Fondation défense du Français). Auch dieser Verein stösst sich vor allem am exzessiven Einsatz des Englischen bei Post, Bahn und Swisscom.

Es gehe jedoch nicht um eine konservative Haltung der Sprache gegenüber, sondern darum, dass nicht einfach jeder englische Ausdruck übernommen werde, wenn ein entsprechendes Wort in der eigenen Sprache existiere.

Damit ist klar, dass nicht nur der Bundesrat und die Politik gefordert sind. Es ist Sache jeder und jedes Einzelnen, sich selber auf die Finger oder auf den Mund zu schauen, sich den Sprachgebrauch etwas bewusster zu machen.

Vor allem im Umgang mit dem Computer nämlich ist der Mensch oft sehr faul. Statt etwas zu «canceln» kann man es nämlich auch löschen, und ein «File downloaden» heisst nichts anderes als eine Datei herunterladen.

swissinfo, Christian Raaflaub

Die Schweiz hat vier Nationalsprachen: Deutsch, Französisch, Italienisch und Rumantsch Grischun.
Die ersten drei gelten auch als offizielle Landessprachen.
64% der Bevölkerung sprechen Deutsch, 20% Französisch, 6.6% Italienisch und 0.5% Rumantsch.
Weniger als 10% der Bevölkerung sprechen anderen Sprachen, inklusive Englisch.

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