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Forschungserfolg in der Diabetes-Behandlung

Diabetes ist in der Schweiz eine Volkskrankheit geworden. Keystone

Forscher der Universität Zürich haben eine Therapie gegen die Zuckerkrankheit entwickelt, die nicht nur die Symptome, sondern die Ursachen von Diabetes Typ 2 bekämpft.

Mit der erfolgreichen Erprobung der Therapie an Patienten besteht Hoffnung auf Erleichterung für Menschen, die an dieser «Volkskrankheit» leiden.

Nicht nur Insulin künstlich zugeben, sondern die körpereigene Produktion des Stoffes wieder ankurbeln: Dass dies möglich ist, haben Forscher der Universität Zürich bewiesen. Es ist ein Durchbruch in der Behandlung von Diabetes 2.

Heute ist Diabetes 2 die Volkskrankheit Nummer 1. Die im Volksmund noch gebräuchliche Bezeichnung «Altersdiabetes» ist ein veralteter Begriff, wie der Mediziner und Forscher Marc Donath am Donnerstag ausführte. Immer mehr seien auch junge Leute und Kinder davon betroffen.

Die Krankheit entsteht meist als Folge von Übergewicht. Die insulinproduzierenden Zellen müssen immer mehr arbeiten, bis sie schliesslich versagen und absterben. Der vom Insulin geregelte Blutzuckerhaushalt gerät nun völlig aus dem Gleichgewicht. Es muss künstlich Insulin zugegeben werden. Die Krankheit ist chronisch und verschlimmert sich stetig.

Ursache bekämpfen

Donath und seiner Forschergruppe an der Universität Zürich ist es nun gelungen, eine Methode zu finden, welche die Ursache des gestörten Insulinhaushaltes bekämpft. Die Studie ist in der renommierten Fachzeitschrift «New England Journal of Medicine» publiziert.

«Bis heute konnten wir lediglich die Blutzuckerwerte vermindern ohne dass wir dem Übel der Krankheit an der Wurzel begegnen konnten. Wir konnten auch nicht das Fortschreiten der Diabetes blockieren», sagte Donath gegenüber swissinfo.

Die Forschenden identifizierten das Molekül Interleukin-1ß als Vermittler des Zellen-Versagens. Dann erforschten sie, wie dieser Mechanismus unterbrochen werden kann. Versuche mit langjährigen Diabetes-Patienten zeigten, dass der Einfluss des Interleukin-1ß auf die Zellen sich mit einem entsprechenden Medikament wirksam und gut verträglich blockieren lässt.

Damit konnte erstmals das Fortschreiten der Krankheit gebremst werden. Die Zellen produzierten wieder mehr und qualitativ besseres Insulin. Die Blutzuckerwerte der behandelten Patienten verbesserten sich schon nach einer Woche deutlich. Bei der Vergleichsgruppe, die nur wirkstofflose Placebo erhielt, verschlechterten sie sich dem normalen Krankheitsverlauf entsprechend.

Gleichzeitig mit der Verbesserung der Diabetes wird verschiedenen Folgekrankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorgebeugt.

Die Erkenntnis ist ein Durchbruch in der Behandlung von Diabetes 2. Mittlerweile entwickelte Langzeit-Blocker – die allerdings erst in ein paar Jahren auf den Markt kommen dürften – ermöglichen laut Donath eine Behandlung mit einer Spritze alle paar Wochen. Heute ist noch eine tägliche Medikamenten-Einnahme oder- Injektion erforderlich.

Weitere Studien vorgesehen

Weiterführende Studien sind laut Donath nötig, um herauszufinden, ob sich Diabetes 2 nicht nur vermindern, sondern tatsächlich heilen lässt. Allerdings: Auch wenn die Zellen wieder ganz normal Insulin produzierten, könne nur gesunder Lebensstil mit viel Bewegung ein Wiederkehren der Krankheit verhindern.

Nachfolgestudien sollen zudem zeigen, ob sich auch Diabetes 1 mit dem gleichen Wirkstoff behandeln lässt wie Diabetes 2, das die weitaus häufigere Art ist: Von allen Diabetes-Kranken – in der Schweiz sind es rund 500’000 – leiden 90% am Typ 2.

Für Donath wird es «innerhalb von drei bis fünf Jahren Veränderungen bei der Therapie von Diabetes geben».

swissinfo und Agenturen

Diabetes ist eine chronische Krankheit, die entsteht, weil die Bauchspeicheldrüse kein oder zuwenig Insulin produziert.

Diabetes kann zu verschiedenen Komplikationen führen wie Bluthochdruck, Stoffwechsel-Störungen, Blindheit, Nierenerkrankungen, Herzinfarkte und Kreislauferkrankungen.

Weltweit ist Diabetes Typ 2 auf dem Vormarsch. Und immer mehr jüngere Leute sind davon betroffen. Der Typ 2 macht rund 90% aller Diabetes-Erkrankungen aus.

Heute leiden weltweit rund 246 Mio. Menschen an Diabetes. Nach Ansicht von Forscher Marc Donath eine erschreckende Zahl.

Besorgnis erregend sei vor allem die zu erwartende Zunahme: In 20 Jahren dürfte die Zahl der Erkrankten auf 380 Millionen angewachsen sein.

Nicht nur in Europa und den USA, sondern auch etwa in Afrika oder Indien breite sich die Krankheit rapide aus.

Erhebliche wirtschaftliche Folgen ergeben sich laut Donath dadurch, dass immer mehr jüngere Leute an Diabetes 2 erkranken: 46% der Patienten sind mittlerweile zwischen 40 und 59 Jahre alt, also im besten Berufsalter.

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