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Nordkorea plant trotz UNO-Protests weitere Raketentests

Vor der amerikanischen Botschaft in Seoul beten Menschen für den Frieden. Die Situation auf der koreanischen Halbinsel hat sich erneut verschärft, nachdem Nordkorea eine Mittelstrecke abgeschossen hatte, die über japanisches Gebiet flog. (Ahn Young-Joon/Keystone) KEYSTONE/AP/AHN YOUNG-JOON sda-ats

(Keystone-SDA) Der UNO-Sicherheitsrat hat den jüngsten Raketentest Nordkoreas in einer Sondersitzung einstimmig als «empörend» verurteilt. Nordkorea kündigt jedoch weitere Raketentests an.

Im Nordkorea-Konflikt zeichnet sich keine Entspannung ab. Der UNO-Sicherheitsrat hat den jüngsten Raketentest Nordkoreas als ungeheuerliche Gefahr bezeichnet.

In einer Erklärung der 15 Länder des Gremiums hiess es am Dienstabend, es sei wichtig, dass die Regierung in Pjöngjang sofortige und konkrete Massnahmen ergreife, um die Lage zu deeskalieren. Es müsse eine friedliche und politische Lösung geben. Die Erklärung enthielt allerdings keinen Verweis auf neue Sanktionen.

Nordkorea verteidigte unterdessen den jüngsten Test einer Mittelstreckenrakete vom Typ Hwasong-12 und kündigte weitere Raketenversuche an. Die amtliche Nachrichtenagentur KCNA zitierte Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un. Sein Land habe lediglich auf die gemeinsamen Militärübungen Südkoreas und der USA reagiert.

Gegen Guam gerichtet

Der Raketenabschuss sei der erste Schritt der nordkoreanischen Armee gewesen, um im Pazifik den militärischen Vorposten der USA auf der Insel Guam einzudämmen. Weitere Schritte seien dazu notwendig. Kim Jong Un hat US-Präsident Donald Trump mit einem Erstschlag gedroht und will Raketen Richtung Guam schicken.

Die am Dienstag abgefeuerte Mittelstrecken-Rakete flog über Japan hinweg, bevor sie im Pazifik niederging. Resolutionen des UNO-Sicherheitsrats verbieten Nordkorea den Bau von Atomwaffen und Raketen. Wegen Verstössen bestehen bereits seit 2006 Sanktionen. Sie wurden gerade erst verschärft.

Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, sagte, die Welt stehe geeint gegen Nordkorea. Das Land müsse sich dieser Gefahr bewusst werden.

Druck auf ein Maximum erhöhen

Japan und Südkorea forderten eine strengere UNO-Resolution. Der Druck müsse bis zum Maximum erhöht werden, damit Nordkorea an den Verhandlungstisch zurückkehre, hiess es in einer Mitteilung des südkoreanischen Präsidialamtes.

Diplomaten zufolge werden die Veto-Mächte China und Russland im Sicherheitsrat aber nur schärfere Sanktionen erwägen, sollte Nordkorea Langstrecken-Raketen oder sogar Atomwaffen testen.

China forderte alle Beteiligten auf, von Provokationen abzusehen. Russland betonte, es könne auf der koreanischen Halbinsel keine militärische Lösung geben.

Beispiellose und ernste Bedrohung

Es war zwar nicht das erste Mal, dass eine nordkoreanische Rakete über Japan hinwegflog. Es sei aber das erste Mal, dass dies unangekündigt geschehen sei, meldete der japanische Sender NHK. Ein Regierungssprecher in Tokio sprach von einer «beispiellos ernsten und schweren Bedrohung».

US-Präsident Donald Trump verurteilte den Test und betonte: «Alle Optionen sind auf dem Tisch». Chinas Aussenministerium warnte, in dem Konflikt auf der koreanischen Halbinsel sei ein «​kritischer Punkt»​ erreicht.

Trump, der bereits mehrmals mit einem Alleingang in dem Konflikt gedroht hatte, warf Pjöngjang vor, mit dem Test «seine Verachtung für seine Nachbarn, für alle Mitglieder der Vereinten Nationen und für einen Mindeststandard an akzeptablem Verhalten» signalisiert zu haben.

Unkalkulierbares Risiko

Unterdessen warnte die Expertin des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri, Shannon Kile, Nordkorea nehme mit den Raketentests ein unkalkulierbares Risiko in Kauf.

«Eine Missfunktion oder ein Unfall beim jüngsten Raketentest hätte dazu führen können, dass die Rakete auf japanischem Territorium aufschlägt», sagte Kile.

«Das stetige Drehen an der Spannungsschraube auf der koreanischen Halbinsel ist ein ernstes Risiko für Frieden und Sicherheit und könnte zu einem militärischen Konflikt führen», sagte die Sipri-Expertin der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Mittwochausgabe). Sipri geht davon aus, dass Nordkorea über nuklearfähiges Material für zehn bis 20 Atomsprengköpfe verfügt.

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