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Santhera: Studie mit Catena in Friedreich-Ataxie verfehlt primären Endpunkt (AF)

(Meldung umgeschrieben, erweitert und um Aussagen aus Interview ergänzt)
Liestal (awp) – Das Pharmaunternehmen Santhera musste mit seinem Produktekandidaten Catena einen neuerlichen Rückschlag hinnehmen. Das Präparat hat in der europäischen MICONOS-Studie der Phase III bei der Behandlung der Friedreich-Ataxie (FA) den primären Endpunkt verfehlt. Vor Jahresfrist scheiterte derselbe Produktkandidat bereits in der amerikanischen IONIA-Studie. Die MICONOS-Daten sollen nun im Detail in den kommenden Wochen analysiert werden. Derweil setzt Santhera einerseits auf die vier weiteren angestrebten Indikationen mit demselben Wirkstoff sowie andererseits auf drei weitere Wirkstoffe.
“Die Daten sind ein unerwarteter Rückschlag für uns. Mit Catena befinden wir uns bei FA wahrscheinlich in einer Sackgasse auf dem Weg zur Einreichung eines Zulassungsantrages bei der US-Gesundheitsbehörde FDA und der europäischen EMA”, sagte CEO Klaus Schollmeier am Donnerstag im Gespräch mit AWP. “Wir hoffen hingegen, dass Kanada das Medikament auf dem Markt belässt, da die Studie trotz Scheitern nicht gezeigt hat, dass Idebenone nicht wirkt.”
Im Einzelnen habe die MICONOS-Studie hinsichtlich einer Veränderung auf der “International Cooperative Ataxia Rating Scale” (ICARS) keinen signifikanten Unterschied gezeigt zu den Patienten, die Placebo erhielten. Auch die sekundären Endpunkte seien nicht erreicht worden. Eine detaillierte Analyse der kardiologischen Endpunkte stehe hingegen noch aus.
Bevor entschieden werde, wie die Entwicklung von Catena weitergeführt wird, sollen die Daten der beiden derzeit noch laufenden Verlängerungsstudien analysiert werden. Unter Berücksichtigung der Daten aller drei klinischer Studien sei man jedoch überzeugt, dass ein Teil der Patienten von Catena profitieren können, teilte Santhera mit.
An der MICONOS-Studie nahmen 232 mehrheitlich erwachsene Patienten teil. Geprüft wurde die Verträglichkeit und Wirksamkeit dreier Dosen von Catena gegenüber Placebo. Eine Meta-Analyse der drei Phase-II- und -III-Studien mit 344 Patienten aller Altersgruppen und Krankheitsstadien zeige einen Trend zur Verbesserung mit Catena.
“Bei einer langsam und unterschiedlich fortschreitenden neurologischen Krankheit, wo Patienten tägliche Schwankungen erfahren, bleibt es eine Herausforderung, die Veränderungen der neurologischen Funktionen kurzfristig zu zeigen”, wird Chief Scientific Officer Thomas Meier in der Mitteilung zitiert.
“Wir haben (…) ein breites spätklinisches Portfolio mit drei unterschiedlichen Wirkstoffen in sieben Indikationen und wir verfügen über die notwendigen finanziellen Reserven, diese zu finanzieren”, blickt CEO Schollmeier in die Zukunft. “Wir glauben an das medizinische und wirtschaftliche Potenzial von Catena. In den nächsten Wochen erwarten wir (für Catena) ausserdem die Daten der RHODOS Phase-II-Studie in Leber hereditärer Optikusneuropathie (LHON) und der MELTIMI Phase-II-Studie in MELAS. Zusätzlich sehen wir den Daten aus der Interimsanalyse der DELOS Phase-III-Studie in Duchenne-Muskeldystrophie (DM) entgegen.”
Hinsichtlich der weiteren Indikationen von Catena sagte der CEO gegenüber AWP: “Die Wirkungsweise bei LHON ist ähnlich wie bei FA. Hingegen wirkt Idebenone bei DM und MELAS ganz anders.” Was die weiteren Produktkandidaten angeht, schreite die Entwicklung von Fipamezole sehr gut voran. Omegapil soll in Phase II überführt werden, und für den Melanocortin 4-Rezeptor-Antagonisten würde die Aufnahme von klinischen Tests vorbereitet, hiess es weiter.
Über die Entwicklung der bestehenden Produktpalette werden auch Alternativen in Betracht gezogen. “Wir evaluieren auch Einlizenzierungen und Übernahmen”, sagt Schollmeier weiter.
An der Börse verliert die Santhera-Aktie deutlich. Bis um 10.25 Uhr sinkt der Titel um 31,7% auf 16,90 CHF, liegt damit aber wieder über dem bisherigen Tagestief von 13,55 CHF.
Unter Analysten wird das Studienergebnis als Enttäuschung gewertet. “Nach dem Scheitern der US-Studie IONIA hatte man gehofft, dass MICONOS die erforderlichen Daten liefern würde, und dies ist nicht eingetreten”, schreibt beispielsweise Silvia Schanz von der Bank Vontobel in einem Kommentar. “(…) wir gehen davon aus, dass Santhera ein umfassendes Umstrukturierungsprogramm einleiten müssen wird.” Schanz bekräftigt zwar das “Hold”-Rating, stellt jedoch eine Überprüfung des Kursziels von 32 CHF in Aussicht.
rt/ra

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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