SP fordert Totalumbau des Schweizer Strommarktes
(Keystone-SDA) Die SP fordert angesichts der hohen Preise und des drohenden Strommangels im Winter eine grundsätzliche Neuordnung des Strommarktes. Mittelfristig sollten Verteilnetzbetreiber wieder unabhängig von den Strombörsen werden.
Konkret schlägt die Partei einen Dreistufenplan vor, wie SP-Fraktionschef Roger Nordmann am Sonntag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA bestätigte. Über die Vorschläge berichtete zuerst die «SonntagsZeitung». Sie basieren auf einem internen Papier der SP, das auch Keystone-SDA vorliegt. Die Vorschläge sind laut Nordmann noch nicht definitiv. Eine endgültige Version werde sehr bald veröffentlicht, schrieb er auf Twitter.
Ruf nach einer Übergewinnsteuer
Für das kommende Jahr will die Partei einen Abfederungsfonds schaffen, um stromintensive Betriebe zu entlasten. Dazu sollen mit einer Übergewinnsteuer die ausserordentlichen Gewinne der Strombranche abgeschöpft werden. Der Fonds soll den stromintensiven Firmen 50 Prozent des Anteils des Energiepreises zurückerstatten, der über 20 Rappen liegt.
Ab 2024 soll es dann einen nationalen Strombeschaffungspool für energieintensive Betriebe geben. Dort müssten die Stromproduzenten einen Teil ihres Stroms, der nicht für die Grundversorgung bestimmt ist, einspeisen – und ihn zum Gestehungspreis anbieten. Es würde also eine Art Grundversorgung für Unternehmen geschaffen, die viel Strom benötigen. Zugleich sollten Stromproduzenten in öffentlicher Hand mehr investieren, statt Dividenden auszuschütten.
Spekulationsverbot und langfristige Verträge
Als drittes Element sollte laut Nordmann die spekulative Beschaffung von Strom durch die Verteilnetzbetreiber «streng limitiert» werden. Stattdessen müssten diese Strom mit langfristigen Verträgen einkaufen – zu Preisen, die es den Produzenten erlaubten, ihre Anlagen zu amortisieren und nötige Investitionen zu tätigen.
Durch einen Aufschlag würden gemäss den Plänen die Produzenten dafür entschädigt, dass sie Investitionsrisiken lange allein tragen mussten, als die Verteilnetzbetreiber noch billigen Strom aus dem Ausland an den Börsen einkaufen konnten.
«Pseudoliberale Marktordnung»
«Wir stehen vor einem totalen Scheitern der geltenden pseudoliberalen Marktordnung», begründete Nordmann gegenüber der «SonntagsZeitung»die Pläne. Jahrelang hätten Stromlieferanten sich lieber mit billigem Strom von der internationalen Strombörse eingedeckt, statt in Strom aus der Schweiz aus erneuerbaren Energien zu investieren. Ein Totalumbau des Strommarktes sei deshalb dringend notwendig, so der Waadtländer Nationalrat.
Die SP will in der Herbstsession des Bundesparlaments eine dringliche Interpellation zum Thema einreichen. Auch weitere Schritte seien geplant, um die Pläne voranzutreiben, teilte Nordmann gegenüber Keystone-SDA mit. Die Einzelheiten seien aber noch offen.
Kritik an Vorschlägen
Zur Verteilung der Lasten angesichts der drohenden Stromkrise äusserte sich am Sonntag auch Mitte-Fraktionschef Philipp Matthias Bregy. Vor der allfälligen Abschöpfung ausserordentlicher Gewinne müssten zuerst die Verluste angerechnet werden, welche die Stromproduzenten in der Vergangenheit, als Strom aus dem Ausland noch billig war, gemacht hätten, schrieb der Walliser Nationalrat auf Twitter.
Mit den Ideen der SP ging Bregy hart ins Gericht. Es sei Irrsinn, was nun alles behauptet werde, twitterte er. Zur Umsetzung der Forderungen müsste man den Handel komplett ausschalten. Ein Zuviel an Strom im Sommer könnte nicht verkauft, ein Zuwenig im Winter nicht zugekauft werden. Der Strommarkt sei komplexer, als ihn die SP darstelle.
Der Berner FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen kritisierte die Forderung nach einer sogenannten Windfall Tax. Niemand wisse, was ein Übergewinn sei, schrieb er auf Twitter. Zudem gehörten die Stromfirmen Kantonen und Gemeinden. Wasserfallen sprach von einer «Sozi-Umverteilungskampagne».