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Streit um Pleite: Lehman Brothers verklagt J.P. Morgan

NEW YORK (awp international) – Der Vorwurf wiegt schwer: Die zweitgrösste US-Bank J.P. Morgan soll der kriselnden Investmentbank Lehman Brothers in den Tagen vor dem Kollaps angeblich noch 8,6 Milliarden Bargeld abgepresst haben. Dadurch sei erst der Liquiditätsengpass verursacht worden, der schliesslich im September 2008 zum folgenschweren Zusammenbruch führte, behauptet der Lehman-Insolvenzverwalter in einer Klage gegen J.P. Morgan, die am Mittwoch in Manhattan eingereicht wurde. J.P. Morgan wies die Anschuldigungen umgehen zurück.
Der Vorwurf lautet, die Chefs von J.P. Morgan hätten Insiderwissen ausgenutzt. Lehmans wichtigste Clearingbank habe Zugang zu mehr Informationen als andere Marktakteure gehabt und um die immer schwierigere Situation des Finanzhauses im Sommer und Herbst 2008 gewusst. Und als von der damaligen Bush-Administration die Signale kamen, dass die Regierung nicht vorhatte, Lehman zu retten, habe J.P. Morgan von der kriselnden Investmentbank noch schnell 8,6 Milliarden Dollar als Sicherheit wegen steigender Risiken verlangt.
Lehman sei der Forderung nachgekommen – wie es heisst, aus Angst, dass J.P. Morgan sonst die Clearingaktivitäten einstellen würde, was den sofortigen Zusammenbruch zur Folge hätte. Am 12. September habe Lehman quasi die letzten flüssigen Mittel an J.P. Morgan überwiesen. Am 15. September musste die Investmentbank Insolvenz anmelden, was die Finanzmärkte weltweit in Panik versetzte und die Krisenstimmung weiter anheizte.
J.P. Morgan konterte in einer Reaktion auf die Klage, es seien Fehler von Lehman selbst gewesen, die zum Untergang führten, vor allem das Geschäft mit faulen Hypothekenpapieren. Es habe auch keinen Missbrauch vertraulicher Informationen gegeben./rak/DP/fn

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