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TAGESÜBERBLICK WIRTSCHAFT

Bern (awp/sda) – LEERE BETTEN IN DEN BERGEN: Nach einem historischen Einbruch der Anzahl Logiernächte in den letzten zwölf Monaten müssen die Hotels auch kommenden Winter mit weniger Gästen rechnen. Zwischen November 2008 und Oktober 2009 sank die Zahl der Hotelübernachtungen schweizweit um 5,7 Prozent. Ein ähnlich starker Einbruch sei seit dem Zweiten Weltkrieg erst einmal registriert worden. Dennoch sei die Branche “mit einem blauen Auge davongekommen”, sagte Richard Kämpf vom Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) anlässlich des Starts der Winter-Kampagne von Schweiz Tourismus. Halb so stark wie bisher dürfte sich laut SECO-Zahlen der Rückgang in den kommenden 12 Monaten fortsetzen (minus 2,6 Prozent). Für die Zeit danach verbreitet das SECO dann wieder viel Optimismus: In einem Jahr soll die Branche auf den Wachstumspfad zurückkehren. Für 2011 wird mit plus 1,9, für 2012 gar mit plus 3,9 Prozent gerechnet.
STRABAG UMGARNT IMPLENIA: Im Implenia-Aktionariat rumort es weiter. Wenige Tage nachdem der britische Hedge-Fonds Laxey seine Rückzugsabsicht angekündigt hat, meldet der österreichische Bau-Riese Strabag sein Interesse an. Strabag habe die Implenia-Geschäftleitung über ihr Interesse an einer Beteiligung informiert, hiess es beim grössten Schweizer Baukonzern in Dietlikon ZH. Iplenia sei zu Gespräche mit der Strabag bereit. Es sei aber noch völlig offen, wie diese ablaufen könnten, sagte Unternehmenssprecher Aloys Hirzel. Die Österreicher werden schon seit geraumer als mögliche Implenia-Aktionäre gehandelt. Für Strabag würde die gleichen rechtlichen und statuarischen Einschränkungen wie für die britische Laxey gelten, sagte Implenia-Sprecher Hirzel.
CHEFWECHSEL BEI OC OERLIKON: In der Solarsparte des schwer angeschlagenen Industriekonzerns OC Oerlikon kommt es zu einem Chefwechsel: Jeannine Sargent, die den Bereich seit 2007 geführt hat, gibt ihren Posten an den langjährigen Kadermitarbeiter Jürg Henz weiter. Henz werde Oerlikon Solar interimistisch leiten, hiess es weiter. Ob er den Konzernbereich dauerhaft übernehme, ist gemäss Oerlikon-Sprecher Burkhard Böndel noch offen. Das Unternehmen werde “in absehbarer Zeit” weitere Details bekannt geben. Die Solarsparte kämpft wie der übrige Konzern als Folge der globalen Wirtschaftskrise mit grossen Problemen. Oerlikon schreibt seit 2008 rote Zahlen.
NESTLÉ SETZT AUF VOLUMENWACHSTUM: Der Lebensmittelkonzern Nestlé will in nächster Zeit dank eines grösseren Verkaufsvolumens und nicht mittels Preiserhöhungen wachsen. Der Druck, die Preise zu erhöhen, habe nachgelassen, sagte Nestlé-Chef Paul Bulcke. Die Rohstoffe seien etwas günstiger geworden, erklärte Bulcke im Interview mit der französischen Zeitung “La Tribune”, welches in “Le Temps” veröffentlicht wurde. In den letzten Jahren habe sich die Hausse auf den Rohstoffmärkten teilweise in Nestlés Preisen reflektiert. Zulegen will Nestlé künftig besonders dank Konsumenten in Schwellenländern, wo das Unternehmen bereits heute einen Drittel des Umsatzes erzielt.
LEICHTE ENTSPANNUNG AUF ARBEITSMARKT: Die Arbeitslosigkeit wird in der Schweiz weiter zunehmen, allerdings langsamer als in den vergangenen Monaten. Dies geht aus dem jüngsten Beschäftigungsindikator der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH hervor. Der Beschäftigungsindikator erreichte im Oktober einen Stand von -7,2 Punkten, wie die KOF mitteilte. Er liegt damit zwar deutlich im negativen Bereich, hat sich im Vergleich zum Juli (-9,5) aber leicht verbessert. Dies deute darauf hin, dass sich der Beschäftigungsabbau mit verlangsamtem Tempo im vierten Quartal 2009 und im ersten Quartal 2010 fortsetze.
GELDQUELLE SCHWEIZ DROHT ZU VERSIEGEN: Die italienischen Bergregionen haben Angst vor Retorsionsmassnahmen der Schweiz. Würde die Schweiz den Geldhahn zudrehen, könnten viele Gemeinden ihre Schulen oder Sozialwerke nicht mehr finanzieren. Sie haben deshalb bei der Regierung in Rom Alarm geschlagen. “Wir können uns nicht erlauben, dass die Spannungen zwischen der Schweiz und Italien fundamentale Dienstleistungen gefährden”, sagte Enrico Borghi, der Präsident der Vereinigung der Berggemeinden (Uncem), der Nachrichtenagentur ansa. Der Vereinigung gehören Gemeinden aus den Regionen Lombardei, Piemont und Aosta-Tal an, die allesamt an die Schweiz angrenzen. Sie erhalten jährlich rund 36 Mio. Euro aus der Einkommenssteuer auf Grenzgänger, welche die Schweiz an Italien abliefert.
US-KREDITBANK PLEITE: Nach monatelangem Überlebenskampf hat die über 100 Jahre alte US-Kreditbank CIT nun doch Insolvenz angemeldet. Die Bank will sich unter Gläubigerschutz und mit Hilfe des US-Investors Carl Icahn sanieren. Mit Schulden von knapp 65 Mrd. Dollar bei Vermögenswerten von gut 71 Mrd. Dollar ist es eine der grössten Firmenpleiten in den USA überhaupt und die grösste einer Bank seit dem Kollaps von Lehman Brothers im September des vergangenen Jahres. Mit dem geordneten Verfahren nach US-Insolvenzrecht (“Chapter 11”) will die Mittelstandsbank, die rund eine Million US-Unternehmen mit Krediten versorgt, nun Altlasten abwerfen und den Neustart versuchen. Das Unternehmen hat sich mit Icahn auf eine Milliardengarantie samt Rettungsplan geeinigt. Experten rechnen nicht damit, dass die CIT-Insolvenz grosse Schockwellen in die Finanzwelt ausstrahlt wie der Konkurs von Lehman Brothers.
FORD ALS LICHTBLICK: Der zweitgrösste US-Autohersteller Ford hängt mit einem erneuten überraschenden Milliardengewinn die Rivalen GM und Chrysler immer weiter ab. Nach einem Überschuss von knapp einer Mrd. Dollar im dritten Quartal peilt Ford von 2011 an wieder “solide” schwarze Zahlen auch im Gesamtjahr an. Ford fuhr in den vergangenen drei Monaten das zweite Mal in Folge einen Überschuss von 997 Mio. Dollar ein. Ein Jahr zuvor hatte der Autohersteller einen Verlust von 161 Mio. Dollar verzeichnet. Der Umsatz fiel aber noch einmal um 800 Mio. Dollar auf 30,9 Mrd. Dollar.
RYANAIR SETZT BOEING UNTER DRUCK: Europas grösster Billigflieger Ryanair stellt seine Wachstumsstrategie infrage und setzt damit seinen Flugzeuglieferanten Boeing unter Druck. Die Gespräche mit dem US-Konzern über einen Auftrag für 200 neue Maschinen seien nicht vorangekommen, teilte Ryanair mit. Zwar verbuchte Ryanair im ersten Halbjahr ein Gewinnplus von 80 Prozent. Allerdings lag dies vor allem an den gesunkenen Treibstoffkosten. Für das dritte und vierte Quartal 2009/10 rechnet Ryanair mit Verlusten. Die bislang auch in Krisenzeiten rasant wachsende Fluggesellschaft ist einer der grössten Abnehmer von Boeing, der derzeit wie Konkurrent Airbus unter einer anhaltend flauen Nachfrage leidet.
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