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Thomas Cook kosten die Nordafrika-Unruhen Millionen (AF)

PETERBOROUGH (awp international) – Die Unruhen in Ägypten und Tunesien machen Europas zweitgrösstem Reiseveranstalter Thomas Cook zu schaffen. Die Belastung durch ausgefallene Reisen und Rückholaktionen dürfte sich alleine in den Monaten Januar bis März auf etwa 20 Millionen britische Pfund (24 Mio Euro) summieren, sagte Vorstandschef Manny Fontenla-Novoa am Dienstag bei der Vorlage des Zwischenberichts. Der Veranstalter, der in Deutschland vor allem mit seiner Marke Neckermann Reisen und der Fluglinie Condor präsent ist, bietet Urlaubern mit zusätzlichen Flügen auf die Kanaren eine Alternative und will so die Einbrüche aus dem Nordafrika-Tourismus abfedern.
Die Thomas-Cook-Aktie reagierte trotz der Belastung mit einem Kurssprung auf die Nachrichten. Am späten Vormittag notierte das Papier an der Londoner Börse mit 1,79 Prozent im Plus bei 196,97 Pence.
Ägypten und Tunesien sind für Thomas Cook kein Randgeschäft. Sieben Prozent des Konzernumsatzes stammten aus Reisen in diese Länder, sagte Fontenla-Novoa. Bei den Pauschalreisen sei es sogar ein Zehntel. “Das ist ein bedeutender Anteil”, sagte der Manager. “Wir arbeiten sehr hart daran, die Belastung aufzufangen.”
Derzeit finden fast keine Reisen in diese Regionen statt. Lediglich aus Grossbritannien bringt Thomas Cook Urlauber ans Rote Meer. Dort sei “alles sehr normal”, sagte Fontenla-Novoa. Dennoch macht sich der Manager über das Ägypten-Geschäft derzeit wenig Illusionen: “Die Lage verbessert sich, und wir hoffen, dass unser Geschäft dort ab Mitte oder Ende April wieder anläuft.” Schneller könnte es in Tunesien gehen. Wenn der Ausnahmezustand aufgehoben werde, könnte Thomas Cook Ende Februar oder Anfang März wieder Reisen in das nordafrikanische Land anbieten, sagte der Thomas-Cook-Chef.
Als Alternative für Sonnenanbeter gelten in den Wintermonaten die Kanarischen Inseln, denn am nördlichen Mittelmeer ist es noch zu kühl. Nicht nur Thomas Cook, auch Marktführer Tui Travel hat sich deshalb zusätzliche Hotelbetten auf den Kanaren gesichert. Auf der Insel Gran Canaria würden die Hotelbetten bereits knapp, sagte Fontenla-Novoa, und wegen der anziehenden Nachfrage stiegen nun die Preise.
Im ersten Geschäftsquartal bis Ende Dezember konnte Thomas Cook von der anziehenden Nachfrage nur beschränkt profitieren. Wegen Wertberichtigungen und höherer Finanzierungskosten wuchs der saisontypische Verlust vor Steuern um ein Viertel auf 99 Millionen Pfund. Dabei wirkten sich auch die Umstrukturierungen in Grossbritannien und die Integration des Hamburger Türkei-Spezialisten Öger Tours aus.
Der Umsatz kletterte hingegen auch dank höherer Preise um 7 Prozent auf 1,8 Milliarden Pfund. Sondereffekte wie Umstrukturierungskosten herausgerechnet, ging der operative Verlust um ein Zehntel auf 37 Millionen Pfund zurück. Zum Nettoergebnis machte das Unternehmen keine Angaben. Reiseveranstalter schreiben im Winter in aller Regel rote Zahlen, weil sie ihre Kosten in dieser Zeit nicht decken können. Ihren Gewinn fahren sie in der Hauptreisezeit im Sommer ein.
Für Sommer 2011 zieht die Nachfrage bislang kräftig an. In Zentraleuropa mit dem wichtigsten Markt Deutschland zählte Thomas Cook bis Ende Januar acht Prozent mehr Buchungen als ein Jahr zuvor. Die Preise stiegen im Schnitt um zwei Prozent. Im krisengeschüttelten Grossbritannien legten die Buchungen sogar um sechs Prozent zu, und der Trend zu Alles-Inklusive-Produkten liess die verkauften Reisen dort im Schnitt um fünf Prozent teurer werden. Die schwache Wirtschaft des Inselstaats drücke aber noch immer aufs Geschäft, sagte Fontenla-Novoa./stw/fn/wiz

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