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WEF 2011/Medwedew eröffnet Wirtschaftsforum in Davos (AF)

Davos (awp/sda) – Der russische Staatspräsident Dmitri Medwedew ist trotz des Terroranschlags in Moskau ans Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos gereist. Er halte seine Eröffnungsrede, gerade weil die Attentäter seine Absage hätten erreichen wollen.
Ort und Zeitpunkt des Anschlags auf den Flughafen Domodedowo seien auch mit diesem Ziel gewählt worden. Aber die Terroristen hätten sich verrechnet, sagte Medwedew nach einer Schweigeminute für die Opfer des Anschlags.
Kein Staat der Welt sei heute vor Anschlägen sicher. Verstärkt werden müsse die internationale Zusammenarbeit gegen Terrorismus. Dazu zähle auch der Kampf gegen Armut und Arbeitslosigkeit. Terroristen, Extremisten, Drogen- und Waffenhändler nutzten die neuen Kommunikationsmedien. Medwedew plädierte dennoch für ein freies Internet.
Trotz der Anschläge bleibe Russland ein Land, in dem sich Investitionen lohnten. Geplant seien milliardenschwere Privatisierungen. Zudem solle Moskau ein bedeutendes Finanzzentrum werden, wobei auf spezielle Krisensteuern verzichtet werde. Bis Ende Jahr solle der Beitritt Russlands zur Welthandelsorganisation (WTO) unter Dach und Fach sein.
Medwedew warnte, die internationale Wirtschaftskrise sei noch nicht überwunden. “Wir haben nur einen Teil der Symptome bewältigt.” Es brauche langfristige, nachhaltige Problemlösungen, nicht populistische Massnahmen, zu welchen Medwedew etwa die Verstaatlichung von Banken zählte. Entscheidungsträger müssten wieder mehr Verantwortung wahrnehmen. Eine “Lektion für jede Autorität” sei der Umsturz in Tunesien.
Die Naturkatastrophen wie die Hitzewelle in Russland oder das jüngste Schneechaos zeigten die Verletzlichkeit menschlicher Macht und Handelns in der modernen Zivilisation. Medwedew schlug unter anderem ein Frühwarnsystem für die Erkennung von Risiken vor und rief zum Durchbruch beim Klimaschutz auf.
Zudem forderte Medwedew eine grössere Rolle der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer G20. Russland will die Kooperation mit den anderen BRIC-Staaten Brasilien, Indien und China ausbauen und Südafrika dazuholen.
Die Schweizer Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey sprach sich in ihrer Begrüssungsansprache ebenfalls für neue oder erneuerte internationale Gremien aus. “Wir müssen einen Dialog über gemeinsame Normen finden”, forderte sie in Anlehnung an das diesjährige Motto des WEF: “Gemeinsame Werte für eine neue Realität”.
Calmy-Rey setzt allerdings nicht auf die G20, sondern auf die Vereinten Nationen. Sie sprach sich etwa für die Schaffung eines Rats für Nachhaltigkeit innerhalb der Vereinten Nationen aus. Die negativen Folgen der Globalisierung insbesondere für die armen Länder seien nur auf internationaler Ebene zu lösen. Die Staatengemeinschaft sei jedoch zersplittert.
WEF-Gründer Klaus Schwab beschwor den “Geist von Davos”. Er rief die Teilnehmer des Forums auf, mit Inspiration und Selbstvertrauen globale Lösungen an die Hand zu nehmen und sich von “konstruktivem Optimismus” leiten zu lassen.
Bei Gesprächen mit Wirtschaftsführern sei ein “Mikro-Optimismus” spürbar, sagte Schwab in seiner Rede. Auf globaler Ebene habe sich jedoch ein “Makro-Pessimismus” eingestellt. In Folge der Finanzkrise leide die Welt unter dem Symptom eines “weltweiten Burn-Outs”. Ständig würden zwar neue Brände gelöscht, es fehle aber an proaktiver Führung.
Es gelte nun die unterschiedlichen Meinungen weltweit zu bündeln: Westliche und asiatische, nationale und internationale, spirituelle und materielle Ansprüche müssten unter einen Hut gebracht werden, forderte Schwab.
mk

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