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WestLB-Abwicklung rückt näher – Streit um Milliardenlasten (AF)

DÜSSELDORF/BERLIN (awp international) – Die Rettung der schwer angeschlagenen WestLB droht in letzter Sekunde zu scheitern: Einen Tag vor Ablauf des Brüsseler Ultimatums zum Umbau der Bank ist völlig unklar, wer die Milliardenkosten dafür übernimmt. Das Land Nordrhein-Westfalen und die NRW-Sparkassen versuchen als WestLB-Eigentümer erneut, dem Bund eine Hilfe in Milliardenhöhe abzuringen. Die Verhandlungen seien in einer Sackgasse, verlautete aus dem Umfeld. Sollten die Gespräche platzen, schlittert die WestLB auf ihre Abwicklung zu. Erstmals würde damit in der Finanzmarktkrise eine grosse deutsche Bank verschwinden.
In den Krisengesprächen ringen der Bund und die WestLB-Eigentümer buchstäblich bis zur letzten Minute. Ein neuer Einigungsversuch wird erst am Dienstagnachmittag in Berlin gestartet. Nur wenige Stunden später um Mitternacht läuft die Frist für einen neuen Sanierungsplan mit einem tragfähigen Geschäftsmodell aus. Als wahrscheinlich gilt, dass für die WestLB zwar ein Verkleinerungsplan des Bankvorstandes in Brüssel eingereicht wird. Die entscheidende Frage, wer welche Finanzlasten schultert, könnte aber offen bleiben.
Die Positionen von Bund und Land Nordrhein-Westfalen lagen am Montag unverändert weit auseinander. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) pochte erneut auf eine weitere Bundeshilfe. Anders sei das Problem nicht zu lösen, sagte sie vor Journalisten in Berlin. Das Land habe als WestLB-Miteigentümer bisher finanziell zwar wenig für die WestLB beisteuern müssen. Seit November sei aber der finanzielle Puffer für jene WestLB-Papiere aufgebraucht, die in die Bad Bank ausgelagert wurden. Damit schlagen Ausfälle bei Schrottpapieren jetzt voll auf die Eigentümer durch. “Jetzt geht es Schlag auf Schlag.”
Der Bund, im vergangenen Jahr bereits 3 Milliarden Euro in die WestLB gesteckt hat und damit erstmals überhaupt bei einer Landesbank eingestiegen war, wollte den neuen Forderungen aus Düsseldorf bisher nicht nachkommen. In die stockenden Verhandlungen über die Zukunft der WestLB habe sich die Bankenaufsicht Bafin eingeschaltet, verlautete am Montag aus Verhandlungskreisen. Sollten die Gespräche scheitern, drohe der WestLB die Abwicklung. Dies wäre Sache der Bankenaufsicht und unterstreiche die Dramatik, hiess es weiter. Die WestLB hat gegenwärtig weltweit noch rund 5000 Mitarbeiter.
Auf jeden Fall soll an Brüssel fristgerecht zumindest ein Papier des Bankvorstandes abgeschickt, das eine zusätzliche Verkleinerung der WestLB um 30 Prozent vorsehe, hiess es in Kreisen der Eigentümer. Die drittgrösste deutsche Landesbank nach der LBBW und der BayernLB muss ohnehin um die Hälfte verkleinert werden. Das stand bereits vor der Brüssler Forderungen nach einem neuen WestLB-Sanierungsplan fest. Die europäischen Wettbewerbshüter wollen sich erst am Mittwoch nach dem Posteingang äussern. In Finanzkreisen waren aber Zweifel zu hören, ob Brüssel ein Vorstandspapier ohne finanzielle Einigung ausreicht.
Zwar wollen die WestLB-Eigentümer Brüssel auch über den Verkaufsprozess informieren, den der CDU-Finanzexperte und Anwalt Friedrich Merz als Sonderbeauftragter leitet. Aber auch damit würden voraussichtlich nicht alle Fragen der EU beantwortet. Drei Finanzinvestoren haben unverbindlichen Kaufangebote für die komplette WestLB eingereicht.
Der eigentliche Plan der NRW-Sparkassen, die die Mehrheit an der WestLB besitzen, sieht etwas anderes vor: Die WestLB soll zu einer reinen Sparkassen-Zentralbank inklusive des Mittelstandsgeschäftes drastisch verkleinert werden. Von der WestLB bliebe nur rund ein Viertel der bisherigen Grösse erhalten. Das Bieterverfahren könnte bei dieser Variante weg von der Komplettbank auf grosse Bankteile wie das Auslandsgeschäft und die Projektfinanzierungen gelenkt werden.
Allerdings ist dieser Plan mit Milliardenkosten verbunden. In den Gesprächen mit dem Bund gilt insbesondere die Absicherung weiterer WestLB-Papiere als grosser Streitpunkt. Für nicht verkäufliche Reste der Landesbank kommt die Abwicklungsanstalt infrage. Sollte diese sogenannte Bad Bank nun mit weiteren Papieren gefüllt werden, wäre eine Absicherung durch zusätzliche Garantien erforderlich. In der Bad Bank werden Schrottpapiere gelagert, deren einstiger Milliardenwert auf eine heute nicht bekannte Summe zusammengeschmolzen ist./vd/DP/alg

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